Leben in den Wirren des Nordirland-Konflikts

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tintenteufel Avatar

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„Northern Spy – Die Jagd“ von Flynn Berry erzählt die Geschichte von Tessa, die als alleinerziehende Mutter des kleinen Fynn bei der BBC in Belfast arbeitet. Ihre Welt gerät ins Wanken, als sie ihre Schwester Marian im Fernsehen als Täterin bei einem Raubüberfall der IRA sieht. Natürlich war ihr Alltag immer schon von dem weiterhin schwelenden Nordirland-Konflikt geprägt und sie hat als Journalistin davon berichtet, doch nun brechen Misstrauen, Gewalt und Konfrontation in ihren ganz persönlichen familiären Bereich ein.
Flynn Berry wählt die Perspektive der Ich-Erzählerin und unterstreicht damit ihr Anlegen, die persönliche Betroffenheit heraus zu arbeiten. Detailliert schildert sie, wie Tessas ganzer Alltag schon immer durch die allgegenwärtigen Sicherheitsmaßnahmen geprägt war, aber jetzt immer mehr unter den Ereignissen leidet.

Dies ist die Stärke, aber auch die Schwäche des Romans: Der unbeteiligte Leser bekommt einen Eindruck, wie der Konflikt den Alltag in Nordirland prägt, obwohl er aus den internationalen Medien fast verschwunden ist. Allerdings fehlen eine genaue zeitliche Einordnung und konkrete historische Eckdaten, so dass der Leser keinen Einblick in die Aktualität der Geschehnisse erhält. Also kann ich es nur bedingt einen historischen oder politischen Roman nennen.

Auch die verlagsseitige Bezeichnung als Thriller trifft meiner Meinung nach nicht den Kern, dafür ist der Spannungsbogen doch über weite Strecken zu flach und die Dramatik nimmt erst gegen Ende zu. Die Beschreibung des Alltags der Protagonistin und ihrer Gefühle nimmt großen Raum ein und wirkt manchmal ermüdend.
Last not least hat mich die sanfte Stimme und sehr ruhige Intonation von Corinna Dorenkamp in diesem Hörbuch auch nicht überzeugen können. Ich hatte streckenweise Schwierigkeiten, nicht gedanklich abzuschweifen.

Mein Resümee lautet daher: stimmungsvolle, aber leider weder informative noch besonders spannende Handlung vor dem Hintergrund des Nordirland-Konfliktes. Schade, man hätte mehr aus dem Thema machen können.