Für Herz und Seele
Mohn gelingt mit „Note to myself. Liebe ist keine Option“ ist ebenso humorvolle wie tiefgründige Geschichte, die weit über die typische Romcom hinausgeht. Mit außergewöhnlicher Leichtigkeit verwebt Kira Witz, Emotion und ernste Themen zu einem Roman, der nicht nur amüsiert und meiner Seele guttat, sondern auch nachhallt. Besonders beeindruckend find ich die fein nuancierte Charakterzeichnung. Alice, die Protagonistin, ist alles andere als makellos, manchmal regelrecht tollpatschig (I feel you…) – und gerade das macht sie so authentisch. Ihre inneren Konflikte, ihre Unsicherheiten und ihr stetiger Drang, Kontrolle über ihr Leben zu bewahren, verleihen ihr eine seltene Tiefe. Ihre Entwicklung ist glaubwürdig und berührend, sodass man sie mit jeder ihrer selbstverfassten Listen (Die Liste „10 Songs, zu denen es sich hervorragend weinen lässt“, möchte ich um „Lover“ von Taylor Swift ergänzen) besser versteht. An ihrer Seite stehen Nebenfiguren, die mehr als bloße Statisten sind. Zara und Tobey sind nicht nur Freunde, sondern die Wahlfamilie, die Alice nie hatte. Ihre bedingungslose Unterstützung verdeutlicht, dass Familie nicht zwingend durch Blutsbande definiert wird, sondern durch Liebe, Verlässlichkeit und Vertrauen. Besonders schön finde ich, wie sich die Geschichten der drei Freunde ineinander verweben und das emotionale Fundament des Romans bilden. Mohn schafft es zudem, gesellschaftlich relevante Themen organisch in die Handlung zu integrieren. Die finanzielle Ungerechtigkeit im US-Gesundheitssystem, die Herausforderungen der LGBTQ+-Community oder die Frage nach Verantwortung in zwischenmenschlichen Beziehungen. All das wird subtil, aber wirkungsvoll eingebettet, ohne den leichten Ton der Erzählung zu untergraben. Ein wiederkehrendes Motiv ist die Vergebung – sich selbst und anderen gegenüber. In eindrucksvollen Szenen, etwa durch die weise Nachbarin oder Lennons bedingungslose Güte, wird deutlich, dass wahre Befreiung erst durch Verzeihen möglich ist. Diese Momente verleihen dem Roman eine Tiefe, die lange nachwirkt. Lennon selbst ist ein außergewöhnlicher Charakter. Seine ruhige Präsenz, sein Verständnis und seine Geduld sind nicht bloß romantische Ideale, sondern ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Liebe heilen kann, ohne sich aufzudrängen. Auch das Setting überzeugt durch seine dezente Zurückhaltung. Mein über alles geliebtes New York bildet zwar die Kulisse, die für mich Wärme, Lebendigkeit und Vielfalt bedeutet, sie wird jedoch nie zum Hauptakteur, sondern lässt den Figuren den Raum, den sie benötigen. Diese bewusste Fokussierung verleiht der Geschichte eine fast intime Atmosphäre innerhalb der Stadt, die niemals schläft - leider auch so wie ich - . Sprachlich brilliert Kira Mohn mit einem federleichten, zugleich pointierten Stil. Ihre Dialoge sprühen vor Witz und Charme, ihre emotionalen Passagen sind feinfühlig, aber niemals überladen. Es ist ein Balanceakt, der nicht vielen Autorinnen gelingt, doch hier fügt sich alles zu einem harmonischen Ganzen. Mein liebstes Zitat hierfür ist ein Gedankengang Alice‘, nachdem ihr Toaster in Flammen aufging: „Ich werde werde heute trotzdem in den Park spazieren gehen. Mein Toaster hätte es so gewollt.“ „Note to myself“ ist weit mehr als eine romantische Komödie. Es ist eine Geschichte über Selbstfindung, über den Mut, sich seiner Vergangenheit zu stellen, und über die heilende Kraft von Freundschaft und Liebe. So wünsche ich uns allen eigentlich nur, dass es uns wie Alice ergehen mag: „Etwas Schweres, das sich in meiner Brust zusammengeballt hat, löst sich auf. Wie viel Raum es eingenommen hat, merke ich unmittelbar, denn alles wird plötzlich leicht, beinahe schwebend.“