Ein leiser Stein mit lauter, mutig klopfender Botschaft

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tiniwiniii Avatar

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Als ich die Leseprobe gerade gelesen habe, musste ich erst einmal schlucken und tief ausatmen.
Hannah wurde früher von ihrer Schulkameradin Fiona gemobbt und übel behandelt. Nach Jahren erhält sie von ihr ein Säckchen mit zwei Steinen und einem Brief, in dem sie um Entschuldigung bittet. Der eine Stein soll an Fiona zurück geschickt werden, den zweiten soll Hannah jemandem schicken, den sie gerne um Verzeihung bitten möchte. Und zwar aufrichtig. Das ist nicht einfach und ich habe mir überlegt, wem ich wohl so einen Stein zukommen lassen würde. Wenn ich könnte würde ich einen Stein an meinen verstorbenen Opa schicken. Und ihn um Verzeihung bitten. Weil ich ihn öfter hätte besuchen sollen. Und ich hätte mehr zuhören müssen wenn er wieder eine seiner Geschichten aus der Vergangenheit erzählt hat, statt mir zu denken "ach nun das schon wieder...". Manchmal ist es vielleicht zu spät um so etwas persönlich zu sagen, aber vielleicht hört er mich doch irgendwie und verzeiht mir. Vielleicht hat er es auch schon getan, als wir uns das letzte mal gesehen haben. Ich wünsche es mir.

Die Idee mit den Versöhnungssteinen an sich finde ich überhaupt nicht feige oder zu naiv um zu glauben, damit sei alles wieder in Ordnung. Manche Menschen werden sich nach einigen Jahren erst bewusst, was sie für Fehler gemacht haben und dann zeugt es doch von innerer Stärke, den Mut zu haben sich einen Stift zu nehmen und die Person, der man etwas angetan hat um Verzeihung zu bitten. Wenn nicht jetzt, wann dann? Schreiben mag vielleicht einfacher sein als es direkt von Angesicht zu Angesicht sagen zu müssen, aber es hat auch für denjenigen, der angeschrieben wurde den Vorteil, dass er darüber nachdenken kann und nicht direkt unter Druck gesetzt wird. Man hat Zeit um zu verzeihen. Und verzeihen kostet einfach Zeit. Das ist nur fair der Person gegenüber, der man schon einmal weh getan hat. Wenigstens dieses Mal, bei der Entschuldigung, respektvoll zu sein und zu akzeptieren was dabei heraus kommt. Entweder kommt ein Stein zurück oder eben nicht.

Auf Seite 38 ist sehr passend geschrieben: "...Du wirst nie eine Zukunft haben, wenn du dich nicht mit der Vergangenheit versöhnst." Auch wenn es weh tut - man muss manchmal über seinen Schatten springen. Denn wenn es zu spät ist macht man sich am Ende nur Vorwürfe. Glücklicher wird man dadurch nicht. Hannah scheint ein Scheidungskind zu sein. Zu ihrer Mutter hat sie keinen Kontakt mehr, aber so emotional wie sie in der Leseprobe auf dieses Thema reagiert scheint sie damit auch nicht wirklich glücklich zu sein. Genauso wie sie sich von ihrer Mutter mehr Liebe und Zuneigung wünscht, wünscht sie sich diese von ihrem Partner Michael. Nur gewinnt man den Eindruck, sie kann nicht wirklich äußern was sie fühlt. Sie scheint jedoch von der Schule damals bis heute eine große Entwicklung gemacht zu haben. Wurde sie früher gemobbt und verspottet, ist sie heute eine angesagte TV-Moderatorin mit diversen Jobangeboten und Fanpost. Es ist spannend zu lesen, was sich hinter den TV-Kulissen abspielt und mich macht der Schreibstil der Autorin neugierig. Man bekommt einen breitgefächerten Eindruck über Hannahs Leben und hat trotzdem das Gefühl, nicht richtig zu wissen, wer sie wirklich ist. Aber wer weiß das schon? Manchmal weiß man das nicht einmal von sich selbst.

Zum Cover möchte ich noch sagen, dass ich es überaus passend finde. Die Pusteblume, die Hoffnung und Vergänglichkeit vereint. Ein zartes "Wünsch dir was". Das man für seine Wünsche immer auch etwas aufgeben muss, gerät leicht in Vergessenheit. Und wenn es die eigene Verletztheit oder Enttäuschung über etwas ist: du musst bereit sein, dich davon zu trennen. Und beginnen zu verzeihen!