Flüssig geschrieben, aber etwas flach.

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ismaela Avatar

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Die LP hat mir eigentlich ganz gut gefallen, aber ich hatte mir vom Thema her mehr erwartet. Ich habe das erste Buch der Autorin zwar ein paar mal in der Hand gehalten, es aber dann doch nicht gelesen - vielleicht sollte ich das jetzt mal nachholen. Die LP zu dieser Geschichte erstreckt sich über gute 40 Seiten, der Schreibstil ist flüssig, die Dialoge sind gut. Aber nach diesen gut 40 Seiten habe ich immer noch nicht das Gefühl, wirklich etwas über die Protagonisten zu wissen. Alle Personen wirken flach und klischeehaft: die erfolgreiche und schöne Moderatorin mit Knacks aus der Vergangenheit, der erfolgreiche und schöne Freund mit biestiger Tochter, die weise alte Dame, die beste Freundin, die immer greifbar ist. Ständig werden Marken, Farben und Äusserlichkeiten beschrieben, was mit der Zeit einfach sehr oberflächlich wirkt. Der Ausspruch von Hannahs Vater - "Hätte Gott gewollt, dass sich Frauen nicht schminken, gäbe es keine Wimperntusche" - fand ich schrecklich! Sehr schön hingegen fand ich den Konflikt, in den Hannah gerät, als sie den Brief ihrer ehemaligen Mobberin bekommt und nach zwei Jahren wieder hervorholt. Das gibt bestimmt noch einiges an Zündstoff.
Aus dem Thema - Vergebung und Reue - lässt sich eine Menge machen, vielleicht bekommt es im weiteren Verlauf der Geschichte noch ein bisschen mehr Aufschwung.

Was ich mit zwei Steinen machen würde?

Ich kann mich an meine frühere Schulzeit erinnern (7. Klasse), in der ich selber ein Mobbingopfer war, was mich entsetzlich verletzt hat. Es gab kaum einen Tag an dem ich nicht irgendwie figur- und kleidungsbezogen blöd angeredet worden wäre. (Deshalb reagiere ich auch so allergisch auf oberflächliche Geschichten.) Als gäbe es nichts Wichtigeres im Leben. Und obwohl ich mich deshalb so mies gefühlt habe, ich also wusste, wie es ist, verarscht zu werden, habe ich bei einer bestimmten Lehrerin ab und zu genau das gleiche (mit-)gemacht. Ebenfalls nicht mit Schönheit gesegnet, war sie natürlich ein begehrtes Ziel bei pubertierenden Bälgern, und ich erinnere mich auch heute noch an einzelne Vorfälle, für die ich mich immer noch schäme. Zwar habe ich mich nur selten an solchen "Aktionen" beteiligt, aber wenn dann deshalb, um bei den anderen cool dazustehen, und das war verwerflich. Noch viel verwerflicher, als bei denen, die gemobbt haben, weil sie einfach keine Erziehung/kein Hirn/keinen Anstand hatten. Bei dieser Frau würde ich mich gerne entschuldigen, aber leider ist sie vor ein paar Jahren verstorben. An diese Lehrerin muss ich auch jetzt immer noch denken. Aber für eine Entschuldigung ist es zu spät.