Eine Geschichte über das Vergeben und Vergessen

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gisel Avatar

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Hannah ist Mitte Dreißig und Single, aber liiert mit einem alleinerziehenden Witwer, der ihr immer wieder die Ehe verspricht. Sie arbeitet erfolgreich als TV-Moderatorin. Anlässlich eines Bewerbungsverfahrens bei einem anderen Sender stößt sie eine Geschichte an, die sich verselbständigt: Als Jugendliche wurde sie von einer Mitschülerin gemobbt, die ihr nun einen Brief geschrieben und um Versöhnung gebeten hat. Wenn ihr dies gelinge, solle sie ihr den beiliegenden Stein zurückschicken. Den zweiten Stein solle sie an jemand schicken, den sie um Versöhnung bitten möchte. Hannah möchte sich nicht darauf einlassen, doch dann begibt sie sich auf die Suche nach ihrer Mutter, die sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat. Nach und nach erfährt der Leser, was damals vorgefallen war mit ihrer Mutter, während auf der anderen Zeitschiene die Gegenwart abläuft mit allem, was Hannah heute beschäftigt.
Hannah als Protagonistin kann mich leider nicht überzeugen. Einerseits ist sie naiv, sie erkennt die Fallen nicht, die ihr gestellt werden, dabei werden sie teilweise sogar ihr gegenüber benannt. Andererseits ist sie trotzdem beruflich sehr erfolgreich - wie kann das angehen, wenn sie so gutgläubig ist? Das erscheint mir einfach unlogisch.
Das Buch wirkt teilweise sehr philosophisch. Die Frage, ob es immer sinnvoll ist, einen Fehler zu bekennen und dafür um Vergebung zu bitten, wird immer wieder gestreift. Hannah selbst sagt einmal, es gäbe wohl manchmal Situationen, in denen dies nicht möglich ist. Und doch tut sie genau dies, auf Biegen und Brechen. Völlig unreflektiert stolpert sie damit erneut in die Opferrolle, die sie so schnell nicht verlassen kann (oder will). Hier hat die Autorin meines Erachtens eine Menge Potential verschenkt.
Die Geschichte kommt mir sehr amerikanisch vor, mit dem ganzen Wirbel um ein Buch über die Versöhnung, die sich wie eine Welle über das Land ergießt. Andererseits wirkt alles sehr vorhersehbar, man ahnt, in welche Richtung die Handlzung gehen wird – und trotz mancher überraschender Wendungen bleibt dieser Kurs erhalten. Dabei habe ich mich mit der Hauptperson in keiner Weise identifizieren können. Zu sehr verharrt sie in ihrer Rolle als armes Opfer. Am liebsten hätte ich sie zwischendrin mal geschüttelt oder ihr zugerufen: Wird mal erwachsen! Und – tadaa – zum Schluss fügt sich alles zum Guten: Obwohl Hannah ziemlich viel Porzellan zerbrochen hat, gibt es ein Happy End für sie.
Insgesamt schade, von diesem Buch hatte ich mir mehr versprochen.