Solide, aber ohne Tiefgang

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stoepfel Avatar

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Klappentext und Leseprobe hatten mich neugierig gemacht. Ich erwartete ein Buch zur Abtreibungsproblematik, das auch Themen des Dritten Reichs aufgreifen sollte. Das fand ich eine spannende Kombination.

Leider wurde meine Erwartung nicht erfüllt. Dabei ist der Roman durchaus unterhaltsam und liest sich gut. Aber mir fehlte die Tiefe.
Zudem wusste ich nicht, dass dies die Fortsetzung des Romans "Über Carl reden wir morgen" ist. Das ist allerdings zweitrangig, er lässt sich gut separat lesen.
Elisabeth berichtet aus ihrem Leben und leider konnte sich die Autorin nicht so recht entscheiden: wird es eine Familiensaga (siehe "Carl"), wird es ein Roman mit historischen Sachbezügen, eine Liebesgeschichte oder doch ein feministischer Roman zu selbstbestimmten Abtreibungen?

Da Elisabeth schon alt ist, hat sie viel zu erzählen, die Familie ist verzweigt und die Verhältnisse bisweilen kompliziert.
Es sei ihr nachgesehen, dass sie nicht chronologisch stringent erzählt und häufig was wiederholt. Ich konnte zumindest alle Anekdoten zeitlich gut einordnen. Aber ich verstand bisweilen ihren Platz, ihren Sinn fürs Ganze nicht.
Da die Autorin nur Elisabeth in einem.Monolog erzählen lässt, müssen diverse Kunstgriffe her, um Hintergründe zu schildern. Elisabeth hat zum Glück immer im rechten Moment Briefe gefunden oder bekommen und kann so über die Motive ihrer Brüder oder ihres Mannes oder (...) spekulieren.
Mehr als Küchenpsychologie ist es aber halt nicht. Und, sry wenn ich mich auch wiederhole, schade, dass das Sujet nicht mehr eingegrenzt wurde. Die historischen Exkurse wirken wie aus Wikipedia zitiert dazwischen geworfen, das eigene Handeln bleibt hilflos-oberflächlich reflektiert, das Innenleben der anderen rein spekulativ.

In Summe ein Roman, der gut unterhält und historisch interessante Einblicke gewährt, aber es nicht schafft, eine spannende und stringente Schleife drum zu binden.

Ich danke vorablesen.de und dem Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.