Gedankengänge eines Fieslings

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takabayashi Avatar

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Fred Moorman, der Protagonist von ODESSA STAR ist alles andere als ein Sympathieträger. Er ist in einer Midlife Crisis und generell unzufrieden mit sich und seinem Leben.

Der Endvierziger lebt mit seiner Frau Christine und Sohn David im eigenen Haus in einem mäßig angesagten Viertel Amsterdams, hat allerdings beim Kauf des Hauses eine Untermieterin übernommen, die Erdgeschoss und Garten nutzt - eine alte Frau mit einem Hund (der seine Notdurft zumeist im Garten verrichten muss) und einigen anderen Haustieren. Die alte Frau ist ihm schon vom ästhetischen Standpunkt her ein Gräuel, aber vor allem verbreiten sich die Gerüche ihrer Tierhaltung im ganzen Haus aus. Die Moormans warten sehnlichst auf ihren Auszug oder Tod.

Eines Tages trifft Fred seinen Schulfreund Max nach 30 Jahren wieder - Max war schon immer etwas Besonderes und Fred war immer von ihm fasziniert. Heutzutage scheint Max voll im organisierten Verbrechen integriert zu sein.

Fred sucht den Kontakt zu ihm, alle seine anderen Freunde erscheinen ihm bieder und spießig, Max hingegen ist nicht übermäßig an ihm interessiert. Aber immerhin hilft er Fred bei seinem Problem mit der Untermieterin. Fred ist mit seiner Familie in der fraglichen Zeit für ein paar Wochen nach Menorca gereist.

Doch natürlich bekommt man solche Freundschaftsdienste nicht gratis: Fred soll nun seinerseits bei "Wer wird Millionär" mitspielen; den Moderator der Sendung hat Max voll in der Hand. Er soll an einem der Samstage mitspielen, an denen es sogar 10 Millionen zu gewinnen gibt. Eine Million bekommt Fred, der Rest geht an Max und den Moderator.

Aber dann wird Max vor einem italienischen Restaurant in seinem Auto erschossen. Und Fred soll eine Grabrede halten.

Der Roman - übrigens kein Krimi - ist raffiniert konstruiert; es gibt außer Max und Fred noch andere Personen wie z.B. Freds Sohn, Freds Schwager und Nathalie, die Freundin von Freds Sohn David. die sich über Fred und seinen ungewöhnlichen Freund so ihre Gedanken machen und Verdacht schöpfen.

Fred ist der Ich-Erzähler, über dessen - teilweise extrem unsympathischen - Gedankengänge wir immer genau im Bilde sind.

Gut geschrieben auf alle Fälle, aber trotzdem so, dass ich mehrfach stark in Versuchung war, die Lektüre abzubrechen, weil mir Fred einfach gegen den Strich ging. Im Endeffekt war ich dann aber doch zu neugierig, wie das Ganze wohl ausgehen wird, und habe weitergelesen, war jedoch froh, als ich es hinter mir hatte.

Möglicherweise entspricht das ja durchaus der Absicht des Autors, der vielleicht enthüllen will, wie die Menschen wirklich sind; hin und wieder kam auch mir etwas von Freds Gedanken durchaus vertraut und bekannt vor, aber identifizieren kann ich mich nicht mit so einer Hauptfigur.

Fazit: Kein schlechtes Buch, aber nicht mein Geschmack!