Spießer und Unterweltler

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timphilipp Avatar

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Der 47jährige Fred Moorman ist mit seinem Leben unzufrieden. Sein Reihenhaus in einer Amsterdamer Vorstadtsiedlung, seine Verwandten, allen voran sein nichtsnutziger Schwager, sein Nachbar, der Fernsehmoderator Erik Menken, sein alter PKW Opel – alles ödet ihn an. Aus der Beziehung zu seiner Ehefrau ist längst die Luft raus, für seinen halbwüchsigen Sohn ist er schon lange kein Held mehr. Da trifft Fred im Kino zufällig Max G. wieder, mit dem er vor mehr als 30 Jahren das Gymnasium besuchte. Max G. ist zum Mafia-Boss geworden. Auf Fred macht er Eindruck durch sein brutales Auftreten, die ihn umgebenden schönen Frauen, seinen Handlanger Richard H. und seinen Mercedes Cabrio. Fred lässt die Freundschaft zu Max G. aufleben und profitiert von ihm, indem er seine lästige Mieterin aus der Erdgeschosswohnung von Max kriminellen Freunden beiseiteschaffen lässt. Die Freundschaft endet allerdings schon ziemlich bald, als Max G. erschossen wird.

Das Buch ist aus der Ich-Perspektive von Fred geschrieben und lässt sich angenehm lesen.

Zeitlich spielt die Geschichte in den Tagen nach der Ermordung von Max G., dessen vollen Namen wir nie erfahren, als sich Fred auf eine Rede anlässlich der Beerdigung vorbereitet. In ausführlichen Rückblenden erinnert sich Fred vor allem an das vergangene Jahr seit der Wiederbegegnung mit Max, daneben auch an die gemeinsame Schulzeit.
Der Buchtitel erklärt sich aus dem gleichnamigen rostigen Frachter, den Fred eines Tages am Nordkanal beobachtet, als er dort Max hinterherläuft, der von sich aus keine Anstalten macht, die Freundschaft aufzuwärmen. Fred dümpelt zu der Zeit genauso wie der Frachter durch sein gutbürgerliches Leben.
Der Protagonist Fred ist ein wahrer Stinkstiefel. Ihn sympathisch zu finden, ist eigentlich unmöglich. Charakteristisch für ihn ist ein verachtendes Bild seiner Mitmenschen, etwa von der hässlichen Tochter seiner Mieterin, seinem nichtsnutzigen Schwager oder dem spanischen Jungen mit Down Syndrom im Urlaub auf Menorca. Man ist fast geneigt, den kriminellen Max für liebenswerter zu halten.

Das Thema Männerfreundschaft beherrscht das Buch. Bei gründlicher Betrachtung ergibt sich für mich, dass von wirklicher Freundschaft zwischen Fred und Max wohl kaum die Rede sein kann. Jeder spannt den anderen vor seinen Karren und erwartet Gefälligkeiten vom anderen. Am Ende triumphiert Fred über Max, als er in der holländischen Fernsehversion von „Wer wird Millionär?“ sein eigenes Ding durchzieht, anstatt sich an die betrügerischen vorherigen Absprachen mit Max zu halten. Ob er auf diese Weise aber wirklich „gewonnen“ hat – die Einschätzung, die Fred ganz am Ende gegenüber seinem Sohn abgibt – ist die Frage.

Wer schräge Geschichten mit schwarzem Humor mag, wird dieses Buch lieben.