Reisefieber? Eher nicht...

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ismaela Avatar

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Keine Angst - der Titel meiner Rezension soll auf keinen Fall negativ sein! Ich bin von "Off the Path" schwer begeistert, allerdings bin ich wohl die falsche Zielgruppe, weil ich mit Urlauben an sich nur wenig anfangen kann - dafür liebe ich es, Reiseberichte und -bücher zu lesen.

Zunächst mal muss ich mich über das Buch an sich auslassen: es ist herrlich! Damit meine ich die Gestaltung, die Bilder und die Schrift. Die hinterlegten Bereiche und die farbigen Seiten, die immer mal wieder auftauchen. Jeder, der meint, ebooks wären die Zukunft, sollte sich mal das Buch von Canaves anschauen und vor allem: in die Hand nehmen! Herrlich! Schon allein der geprägte Titel hat mich veranlasst, verzückt zu brabbeln. Und der Inhalt?

Im Buch "Off the Path" beschreibt der Autor das Reisen im Allgemeinen und verschiedene Aspekte des Reisens im Speziellen. Es gibt eine riesengroße Menge an Punkten, Themen, Überlegungen und Möglichkeiten für alle möglichen Reisetypen - die Spontanen, die Abenteurer, die Langreisenden, die Reisen-und-Arbeiten-Reisenden und weitere. Man bekommt einen sehr guten Überblick über das Reisen in ferne Länder, deren Sitten und Gebräuche, deren Klimata, Gefahren in Flora und Fauna. Man erfährt, wie man wo wohnen kann, und zu welchem Preis, wie und wo am arbeiten und Geld verdienen kann, welche Plätze man sehen sollte, wie man sich aus misslichen Lagen befreit (Raub, Krankheit etc.).
Für gute 200 Seiten scheint das Buch ein bisschen zu dünn geraten sein, wenn man die Fülle der Informationen bedenkt, und vielleicht ist es das auch: die einzelnen Punkte werden größtenteils nur kurz angeschnitten und nicht allzu detailreich ausgebreitet. Das ist aber nicht schlecht, ganz im Gegenteil: so findet jeder, was er braucht, was zu beachten ist - denn wenn man sich für ein Reiseland entschieden hat, muss eh nochmal gezielt recherchiert werden.
Manche Dinge, über die der Autor schreibt, kann ich zwar nicht ganz nachvollziehen (z. B. S. 19: "Das wahre, (...) Leben beginnt nun mal ausserhalb deiner Komfortzone." Und führt als Beispiele an: Verlaufen im Dschungel Thailands, auf einer kaputten Brücke über einen hochwasserführenden Fluss gehen. Nun ja. Mein Leben muss ich nicht riskieren, um so ein "wahres Leben" kennenzulernen.) Vieles wiederholt sich auch (Übernachtungsmöglichkeiten, Krankheitsfall, Transport), anderes wird zu detailgenau ausgebreitet (ab S.62 die Erklärungen zu WOOFing), vieles ist liebenswert absurd (S.156: eine 14-Tage-Antarktis-Kreuzfahrt, die bis zu 25.000 Dollar pro Nase kostet), aber das Meiste ist ein wunderschönes und buntes Karussell an Möglichkeiten, entweder das Reisen an sich zu entdecken, oder neue Ziele ins Auge zu fassen, um Neues kennen- und lieben zu lernen.

Warum ich trotzdem nicht vom Reisefieber gepackt wurde? Da ich nie Geld (und Zeit) zum Reisen hatte (und ausserdem Flugangst), werde ich wohl kein Globetrotter werden. Bis auf gemeinsame Urlaube mit den Eltern als Jugendliche habe ich auch noch nie "richtigen" Urlaub gemacht, aber ich bin gerne in der Natur unterwegs und folge Wanderpfaden. "Off the Path" ist ein tolles, intelligentes Buch eines sehr sympathischen Menschen, mit dem ich gerne mal eine kleine (für ihn wahrscheinlich sterbenslangweilige) und gemütliche Wanderung unternehmen würde - denn jemand, der Tagträumen in Zeiten des Nichtstuns als Alternative vorschlägt (S.58), der kann nur ein netter Zeitgenosse sein!

Eine klare Leseempfehlung von mir!