Ein Frauenleben raffiniert und kurzweilig erzählt

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waldeule Avatar

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Ein wunderschönes Buch. Ganz unauffällig kommt es daher und entfaltet doch einen Zauber, den ich mich nicht entziehen konnte. In drei Abschnitten wird das Leben – und darüber hinaus – von Olga erzählt, einer starken Frau, die von Kindheit an ihren ganz eigenen Weg geht. Geboren in Pommern am Ende des 19. Jahrhunderts erlebt sie zwei Weltkriege und eine Vertreibung, menschliche Nähe und immer wieder den Verlust geliebter Menschen.

Es könnte eine traurig-dramatische Geschichte sein. Allerdings hat Olga so eine starke innere Kraft und ruht in sich, so dass sie trotz aller tragischen Ereignisse den Lebensmut und –willen nie verliert. In ihr steckt weit mehr, als man zunächst vermutet. Olga ist für mich eine äußerst starke, emanzipierte Frauenfigur. Von solchen Protagonistinnen würde ich gerne sehr viel öfters lesen.

Es steckt sehr viel drin in diesen 300 Seiten. Für mich stand eindeutig die Figur Olgas im Mittelpunkt. Die Liebesgeschichte, die in der Buchbeschreibung eine große Rolle spielt, zieht sich zwar durch ihr ganzes Leben und somit auch durch das ganze Buch, ist für mich aber gar nicht so vordergründig. Wahrscheinlich kann man das Buch aber auch ganz anders lesen, was von der großen Vielschichtigkeit zeigt. Geschichtliche Entwicklungen beeinflussen Olgas Werdegang und auch große Fragen der Politik und Gesellschaft werden aufgeworfen.

Ganz besonders ist der Schreibstil des Buches. Im ersten Teil wird sehr distanziert der größte Teil des Lebensweges von Olga in der dritten Erzählperspektive erzählt. Nach der Vertreibung nach Westdeutschland ergreift ein junger Ich-Erzähler das Wort, der „Fräulein Rinke“ ein Leben lang nahesteht. Und als man eigentlich denkt, die Geschichte sei auserzählt, spricht im dritten Teil Olga selbst in Form von Briefen an ihren Geliebten Herbert und bringt noch einmal eine ganz andere Sichtweise auf ihren Lebensweg. Diese drei Teile – so unterschiedlich sie auch sind – gehören dabei ganz eng zusammen und verknüpfen sich nicht nur inhaltlich. Ein toller und überlegter Aufbau!

Fazit: Absolut lesenswert! Gekonnt erzählt Schlink hier ein Frauenleben und zwar äußerst raffiniert und kurzweilig.