Eine beeindruckende Frau

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sikal Avatar

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Nachdem ich bereits vor längerer Zeit von Bernhard Schlink „Der Vorleser“ genießen durfte, hatte ich mich sehr auf sein neuestes Werk „Olga“ gefreut – und meine Erwartungen wurden zum Glück nicht enttäuscht. Der Roman ist in drei Teile geteilt, der erste Teil Olgas Kindheit und Erwachsenwerden gewidmet. Im zweiten Teil erzählt Ferdinand, der Sohn ihrer Arbeitgeber Olgas Leben und im dritten Teil erfährt man durch erhaltene Briefe Olgas an ihre große Liebe ihre Geschichte noch mal aus anderer Perspektive. Wobei man durch die unterschiedlichen Erzählvarianten als Leser gefordert wird, erst im Laufe des Buches alle Fragen beantwortet werden.

Anfangs wird sehr distanziert aus Sicht eines Erzählers über Olgas Leben berichtet, ihre Kindheit bei der hartherzigen Großmutter, ihre Begegnung mit Herbert, ihre Liebe zu ihm und seinen ausgeprägten Sinn für Freiheit und Abenteuerlust. Herbert und Olga sind ein sehr ungleiches Paar, sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen während er „gut situiert“ ist. Sie hat ein klares Ziel vor Augen während er damit so gar nichts anfangen kann. Herbert ist beeindruckt vom Fremden, will die neue Welt entdecken, erfreut sich an der Kolonialpolitik, bis er sich letztendlich auf eine aussichtslose Expedition begibt. Olga bleibt zurück, hält ihre Verbindung zu Herbert aufrecht, indem sie ihm Briefe über ihr Alltagsleben und auch die Veränderung der politischen Situation schreibt.

Im zweiten Teil erzählt Ferdinand über Olga, bei dessen Familie sie Arbeit und Anschluss fand. Man erfährt über die Verbindung zwischen den beiden, durch die man langsam einen tieferen Einblick in Olgas Charakter bekommt. Doch so richtig greifbar wird Olga erst nach dem Lesen und Interpretieren der Briefe.

Schlink ist eine starke Persönlichkeit gelungen, eine Frau, die alles zu ertragen scheint und immer weiter wächst obwohl sie – so scheint es – vieles verloren hat in ihrem Leben. Sie lebt mit den Dingen, die das Leben ihr auferlegt. Zugleich werden die historischen Gegebenheiten mit ihrem Leben verwoben, wird ihr Schicksal z.B. eng mit Bismarck verknüpft - wie sie es eigentlich nie wollte.

Der Autor schreibt knapp, einfach und doch so tiefgründig, dass ich den Roman sehr gerne gelesen habe. Schlink ist ein großartiger, bewegender Roman über eine starke Frau gelungen, vielschichtig und genussvoll zu lesen. Gerne vergebe ich hier 4 Sterne.