Olgas Geschichte

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regenprinz Avatar

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Mit diesem Buchgewinn habe ich eine persönliche Neuentdeckung gemacht, denn zwar war mir der Autorenname durchaus geläufig, aber ich hatte bisher tatsächlich noch kein einziges Buch von Bernhard Schlink gelesen. Ein echtes Versäumnis, wie ich feststellen musste. Denn sprachlich ist es eine Freude, in seine Erzählweise einzutauchen.
Treffend, klar, schlicht, stellenweise poetisch und meist in lange geschliffene Sätze verpackt (die manchmal eine halbe Seite einnehmen), erzählt der Autor in diesem Buch Olgas Geschichte - vom Aufwachsen des kleinen Mädchens in Armut, dem Verlust ihrer Eltern und Olgas Begegnung mit Herbert und Victoria, den Geschwistern, die aus ganz anderen Verhältnissen stammen. Die Spannung geht mit einer besonderen Leichtigkeit einher, der Humor ist feinsinnig, die Handlung entwickelt sich logisch und wirkt dennoch nie vorhersehbar.
Ich fand es faszinierend, wie weit der Roman dabei den Bogen spannt und Olgas Lebensgeschichte quasi in drei verschiedenen Teilen schildert - anfangs lernt man sie kennen und verfolgt ihren Weg zur Lehrerin und Liebenden, dann schwenkt der Blick zu Ferdinand, der sie später als Näherin kennenlernt und sich noch viel später aufmacht, einer Spur in Olgas Vergangenheit zu folgen; am Ende kommt dann Olga in ihren Briefen an Herbert endlich pur und unverfälscht selbst zu Wort und alle noch fehlenden Puzzleteile der Geschichte fallen an ihren Platz.
Mich hat sowohl der Aufbau des Romans, als auch die Darstellung der Charaktere überzeugt. Vor allem Olgas Kritik an der "Größe" mancher Dinge hat mich sehr für sie eingenommen. Dennoch hat sie mich auch manchmal überrascht, so z.B. mit dem, was sie kurz vor ihrem Ende tut. Die Art und Weise, wie Olgas Leben in historische Zusammenhänge und deutsche Geschichte eingebettet wurde, gefiel mir jedenfalls sehr gut.
Insgesamt war ich von diesen Roman wirklich begeistert und freue mich, diesen Autor für mich entdeckt zu haben. Von ihm möchte ich unbedingt und möglichst bald mehr lesen!