Außergewöhnliches Spiel mit Sprache

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route66 Avatar

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Lisa Eckhart ist aktuell ständiges Gesprächsthema. Ich kannte die Kabarettistin vor der Lektüre des Buches nicht und muss auch sagen, dass mich weder Klappentext noch Coverbild sonderlich angesprochen haben. Glücklicherweise habe ich dann doch die Leseprobe und dann das Buch gelesen. Was soll ich sagen: das ein oder andere Bonmot von sich zu geben oder den ein oder anderen geschliffenen Satz einzusprenkeln, das schaffen viele Autoren. Das aber so konsequent durchzuziehen wie Frau Eckhart - das ist wirklich eine Leistung!
Inhaltlich geht es um die „Omama“ der Protagonistin, deren Leben exemplarisch für die österreichische Nachkriegsgeschichte herhalten muss. Das ganze ist nicht nur wahnsinnig witzig, sondern auch überwiegend sehr zynisch, zuweilen auch bösartig geschildert. Das wird nicht jedem Leser gefallen, besonders nicht auf 350 Seiten, mir persönlich hat aber der ganze Roman sehr gut gefallen.
Eckhart verwendet ein außergewöhnliches, nicht alltägliches Vokabular, welches den Text zu einem besonderen Leseerlebnis macht. Auch die vielen österreichischen Worte haben einen besonderen Charme (auch wenn ich einige davon nachschlagen musste, da sie mir gar nichts sagten).
Durch die aktuelle Debatte um die Autorin war ich bei der Lektüre sehr aufmerksam, kann aber in der Lektüre weder Antisemitismus noch Fremdenfeindlichkeit erkennen, allenfalls ab und zu Ausdrücke, die nicht immer politisch korrekt sind, aber nie negativ aufstoßen.
Das die beschriebenen Lebenseindrücke der „Omama“ jetzt wirklich die Nachkriegsgeschichte widerspiegeln, sei einmal dahin gestellt. Sicherlich ist hier vieles im Roman bewusst übertrieben, das erwarte ich aber auch von einem (unterhaltsamen) Roman. Es ist eben keine Biografie.
Was mir neben dem besonderen Sprachstil besonders gut gefallen hat, ist die Durchbrechung der vierten Wand. An manchen Stellen spricht die Autorin die Leser direkt an und gibt Erläuterungen zum Text wieder; teilweise in einer Flapsigkeit, die mich an Jelineks Sportstück erinnert haben.
Fazit: Mir hat das Buch sehr gut gefallen, weil es witzig und ungewöhnlich geschrieben ist; man merkt, dass die Autorin es versteht mit Sprache zu spielen. Die Handlung ist so unterhaltsam, dass man immer weiterlesen will. Einen Punkt Abzug lediglich für Kapitel 2 des Buches, welches ein paar Längen hatte. Ein zweites Buch der Autorin würde ich aber definitiv auch lesen, da mir dieses hier sehr viel Spaß gemacht hat.