Was darf Belletristik?

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mia-w Avatar

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Um es gleich zu sagen: Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor. Denn bei "Omama" handelt es sich mitnichten um einen Roman. Vielmehr hat Lisa Eckhardt eine dürre "Handlung", die maximal für eine Kurzgeschichte gereicht hätte, mit einem Kabarettprogramm aufgefüllt. Und so musste ich auf rund 400 Seiten mit ansehen, wie eine noch recht junge und zweifelsohne ziemlich kluge Dame vermeintlich humoreske Abhandlungen um Auszüge aus dem Leben ihrer Großmutter väterlicherseits drapiert, die in einem Kabarettprogramm für alte weiße Männer deutlich besser aufgehoben wären (alternativ in einem populärphilosophischen Sachbuch). Da ich weder eine Freundin des einen noch des anderen bin, las ich zunehmend ratlos einfach weiter, immer in der Hoffnung, es möge sich vielleicht doch noch so etwas wie eine Handlung (in Ansätzen vorhanden, jedoch so schlampig ausgeführt, dass ich schon fast etwas böse wurde) oder am Ende gar eine Entwicklung der auftretenden Figuren einstellen. Insbesondere bei letzteren habe ich mehr als einmal verzweifelt die Hände gerungen: Die Omama aus dem Jahr 1945 hat mit der in den 1950er-Jahren nichts zu tun und die alte Omama wiederum scheint eine völlig erratische Erfindung der Autorin zu sein.

Warum ich diesem Buch dann trotzdem 3 Sterne gebe? Weil es zwischendurch immer wieder Momente gab, in denen ich laut gelacht und mich prächtig amüsiert - ja, sogar bestens unterhalten gefühlt habe. Diese seltenen Kleinode haben mich überhaupt erst so lange bei der Stange gehalten, dass ich das Ende des Buches erreicht habe. Sie konnten trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass mich diese Form von "Roman" grundsätzlich wenig erfreut.

Der guten Vollständigkeit halber muss ich erwähnen, dass Lisa Eckhardt bisher komplett an mir vorbeigegangen ist - ich habe sie erst durch die aktuelle Debatte (Was darf Satire, Ein- und Ausladung zu Lesungen etc.) erstmals wahrgenommen. Da lag das Buch schon auf meinem Nachttisch und ich habe mit Absicht keine Videos von ihr angeschaut, um das Buch einigermaßen vorurteilsfrei lesen zu können. Nach diesem zweifelhaften Genuss werde ich dies nun wohl auch nicht nachholen - und hatte ganz nebenbei noch die Freude, das Buch nicht (wie viele andere Leserinnen) mit Eckhardts Stimme im inneren Ohr lesen zu müssen. Wenn das nicht drei Sterne wert ist.