Einblick in eine andere Welt

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Margo ist 20, als sie ein Kind bekommt, von ihrem verheirateten Collegeprofessor Mark. Natürlich war er für eine Abtreibung, aber Margo hat sich allen Ratschlägen zum Trotz für Bodhi entschieden. Nach der Geburt steht sie gleich vor mehreren Problemen: Sie hat kein Geld, weil sie aufgrund der fehlenden Kinderbetreuung ihren Job verloren hat und wird von niemandem, schon gar nicht von ihrer Mutter unterstützt. OnlyFans scheint ihr eine geeignete Lösung und sie hat Erfolg, auch dank ihres Vaters Jinx, ein berühmter Wrestler, der ihr tatkräftig unter die Arme greift. Doch nicht nur Mark verurteilt sie dafür.
„Only Margo“ von Rufi Thorpe ist ein komplexerer Roman, als ich erwartet hatte. Nicht nur Margos frühe Mutterschaft und deren Folgen spielen eine Rolle, sondern auch Sexarbeit und die Sicht der Gesellschaft darauf. Ich selbst kenne OnlyFans nur vom Hörensagen, fand daran aber nie etwas verwerflich und nach dem Roman noch weniger, vor allem wenn man bedenkt, wie viel Arbeit in den Accounts steckt und womit (gerade) Frauen dort konfrontiert werden.
Margo ist mir ziemlich schnell ans Herz gewachsen. Sie hat sich nie als Opfer von Machtmissbrauch gesehen, obwohl sie es ganz offensichtlich ist, sie kümmert sich herzzerreißend um Bodhi und nimmt jede Fallgrube, die ihr in den Weg geschoben wird, auch wenn sie kurz vorm Verzweifeln ist. Die anderen Charaktere sind ebenfalls gut gezeichnet, werden mir aber nicht so stark in Erinnerung bleiben.
Etwas irritiert haben mich die beiden Erzählperspektiven Margos, die der Leserschaft vorgaukeln sollen, dass der Roman möglicherweise real ist und/oder eine Metaebene damit öffnen will, was ich unnötig fand. Nach einiger Zeit hab ich mich aber daran gewöhnt. Sprachlich ist es solide, aber keine Überraschung. Es lebt von den Dialogen und dem Zwischenmenschlichen.
Es ist wunderbarer, kurzweiliger Roman, der sich mit wichtigen Themen unserer Zeit beschäftigt.