Eine ganz besondere Reise

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
sikal Avatar

Von



Der Roman „Orangen für Dostojewskij“ entführt uns in ein Gedankenexperiment – ein fiktives Treffen Dostojewskijs und Rossinis in Venedig. Beide waren zwar zur selben Zeit dort, doch es gibt keine Hinweise, dass beide sich tatsächlich getroffen hätten. Der Autor Michael Dangl lässt uns teilhaben an dieser Reise, den inneren Monologen, den experimentellen Treffen und der Verwandlung Dostojewskijs. Dies alles geschieht mit einer Feinfühligkeit und Treffsicherheit der Charaktere, dass man meinen könnte, direkt dabei gewesen zu sein.

Als Fjodor M. Dostojewskij sich einen Kindheitstraum erfüllt und nach Europa reist, um dieses zu erkunden, ist seine letzte Station Venedig. Dort trifft er durch Zufall auf den weltberühmten Komponisten Gioachino Rossini. Der introvertierte Dostojewskij sucht das Gespräch mit dem älteren Rossini, vertraut auf dessen Lebensweisheiten und lässt sich zu kulinarischen Ausschweifungen hinreißen. Doch immer mit dem Gedanken an seine Frau und seine Geliebte, auch wenn er sich zur verführerischen Victoria hingezogen fühlt. Als er dem einfachen Bauernmädchen hilft und die Tomate während der langen Reise zu schützen sucht, merkt man seine Verbundenheit mit dem Einfachen und Natürlichen.

Sehr gut finde ich hier wie Dostojewskij dargestellt wird – mit Schwermut und in sich gekehrt, ist er auf die finanziellen Zuwendungen seines Bruders angewiesen. Während Rossini das Leben genießt. Dostojewskij wird als ruhiger Mensch dargestellt, der empfindsam ist und sich über den Lärm Italiens mokiert und doch verwandelt er sich während der Tage, die er mit Rossini verbringen darf.

„Ich habe Venedig noch mehr geliebt als Russland.“

Der ruhige Schreibstil des Autors Michael Dangl hat mich sehr begeistert, die seitenweisen Ausuferungen über Kunst und Kultur habe ich genossen – doch das muss man mögen, sonst werden diese detaillierten inneren Monologe langatmig. Die Unterschiede zwischen Russland und Italien sind sehr schön herausgearbeitet.

Man darf sich keinen Roman erwarten, den man mal ganz schnell locker und leicht dahinliest. Im Gegenteil – die Geschichte will erarbeitet werden, nur so kann diese sich voll und ganz erschließen. Dafür wird man belohnt mit großartigen Bildern und beeindruckenden Gesprächen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne