Kunst- und Kulturgeschichte verpackt in ein Stückchen Fiktion

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queenhedy Avatar

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Michael Dangl begleitet Dostojewskij auf seiner ersten Europareise und beschreibt seinen Aufenthalt in Venedig, wo dieser (Achtung, hier beginnt die Fiktion!) auf Rossini trifft, den bekannten Komponisten. Die beiden begnadeten Künstler treffen sich oft und vertiefen sich in lange Gespräche über Kunst, Kultur und vor allem die großen Unterschiede zwischen Italien und Russland. Hierbei muss natürlich der Geschichtliche Hintergrund nicht fehlen: Venedig unter ständig wechselnden Besatzern, gerade unter der verhassten Hand der Österreicher!
Dangl konzentriert sich nicht viel auf eine konkrete Handlung, die er erzählen möchte. Viel mehr wirkt es, als ob er das Lebensgefühl, die Kunst, die Kultur, Religion und Geschichte durch diesen fiktiven Rahmen erzählen möchte und den Leser*innen so einfach und unterhaltsam servieren möchte. Manchmal klappt dies, an anderen Stellen versucht er einfach zu viel Informationen auf zu wenig Raum unterzubringen. Was er wunderbar macht ist die Portraitierung der beiden Protagonisten. Nach dem Roman fühlt man sich Dostojewskij um einiges näher, möchte ihn vielleicht auch einmal in den Arm nehmen zur Verabschiedung, trotz seiner kalten, russischen Art.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und ruhig, trotz der frohen und aufbrausenden Lebensweise der Italiener kommt keine Hektik auf. Damit ist das Buch perfekt um sich an einem kalten Wintertag damit einzukuscheln. Dann verfliegt auch die Zeit und man ist schneller durch das Buch als gedacht. Am Ende hat man das Gefühl der Abgeschlossenheit, keine Fragen sind mehr offen, aller Wissensdurst scheint gestillt.
Der große Minuspunkt ist tatsächlich die Gewichtung und Verteilung der realen Fakten, die immer wieder präsentiert werden, dann aber gleich ein ganzer Haufen, der droht einen zu ersticken. Dazu kommt, dass teilweise Sätze in französisch und italienisch nicht übersetzt werden und ohne Kenntnis der Sprachen steht man ziemlich ratlos dar.