Das ist also Otto.

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evafl Avatar

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Otto ist pensionierter Ingenieur und Jude. Als Patriarch herrscht er regelrecht über seine Familie und tut das bis ins hohe Alter hinein, auch als er schon krank und gebrechlich ist. Er ist starrsinnig und stur und seine Töchter Timna und Babi können es ihm eigentlich nie so richtig recht machen. Auch ihre fast täglichen Besuche sind seiner Ansicht nach nicht ausreichend, denn sie kümmern sich ja überhaupt nicht um ihn, beklagt er wehleidig.

Auf die Geschichte von „Otto“ war ich wirklich gespannt, das Cover finde ich durchaus ansprechend und interessant – in gewisser Weise einfach gehalten und doch so aussagekräftig. Unter dem Buchumschlag kommt ein dunkelbraun-güldenes, ja gar kupferfarbenes Buch zum Vorschein.

Der Schreibstil des Buches war ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber alles in allem gut zu lesen und zu verstehen. Schwierige Wörter, Fremdwörter oder gar Fachbegriffe kommen eigentlich nicht vor, gelegentlich mal jüdische Begriffe wie die verschiedenen Feiertage. Aber diese werden dann auch kurz erläutert. Es liest sich mit der Zeit dann recht flüssig, wenn der Vater(Siebenbürge, jüdisch) spricht, ist der Satzbau etwas anders, aber das macht ihn eben charakteristisch auch aus. Das ist für mich auch absolut in Ordnung und passt zum Buch.

Inhaltlich wusste ich ja auch nicht wirklich, was da alles genau auf mich zukommt – und so habe ich die Geschichte einfach entspannt auf mich zukommen lassen beim Lesen. Die Geschichte ist interessant, teilweise sehr komisch, manchmal ziemlich zum Wundern. Manchmal möchte man Otto echt helfen, denn er sieht vieles schon sehr eng und streng. Aber auch die Mutter lebt ihr Leben und das auf ihre so ganz eigene Art. So sind Timna und Babi manchmal gefühlt auf sich alleine gestellt und das schon recht früh, sie organisieren sich selbst so gut es eben geht. Im Buch, das aus der Sicht von Timna erzählt, erfährt man, dass sie die regelrecht Starke in der Familie ist, denn sie wurde vom Vater schon immer eher gelobt, Babi nicht wirklich. Ihr traut er auch heute noch nicht soviel zu. Doch so sehr, wie Otto einen hier empört, so hat man teilweise fast manchmal Mitleid mit ihm. Und kann sich köstlich über die kuriosen Szenen amüsieren, in denen er Dinge, die man als Tochter vielleicht nicht unbedingt wissen möchte, mit.

Für mich war das ein unterhaltsamer Roman der anderen Art. Es ist keine klassische Unterhaltungsliteratur, sondern regt durchaus auch ein wenig zum Nachdenken an. Grundsätzlich ist es wohl so, dass Juden generell andere bzw. hohe Erwartungen an die Familie haben, als wohl christliche Familien. So zumindest habe ich das inzwischen dank verschiedener Bücher bzw. auch Filme erlebt. Das ist für mich völlig in Ordnung, denn meiner Ansicht nach darf jeder seine Art und Weise haben, man sollte gegenseitig einfach Toleranz üben. „Otto“ kann ein durchaus charmanter Mann sein, der aber eben auch gelegentlich sehr skurril ist, mich oft zum Schmunzeln aber auch Kopfschütteln gebracht hat. Lediglich das Ende lässt mich etwas ratlos zurück und auch zwischendurch gab es manchmal eher langatmige Szenen. Alles in allem hat mir das Buch überraschend gut gefallen, eine Lektüre der völlig anderen Art, unterhaltsam wie humorvoll und gut geschrieben, so dass ich wirklich im Lesefluß war. Von mir gibt es hier eine Empfehlung und 4 von 5 Sternen.