"Gedanken des Hasses und der Liebe"

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taniab96 Avatar

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Was für eine gefühlsintensive Geschichte - sie hat mich gerührt, wütend gemacht, zum lachen gebracht und auch ziemlich oft innehalten gelassen. Es geht um Otto, einen alten jüdischen Patriarchen, der im sterben liegt und seiner Tochter Timna, die unsere Erzählerin ist. Das Leben mit Otto ist nicht leicht. Während einige Menschen, wahrscheinlich so etwas wie einen Kontaktabbruch in Betracht gezogen hätten, kann Timna nicht anders, als immer klein bei zu geben, wenn ihr Vater eine Ansage macht (auch noch in seinem "Sterbebett"). Wie geht man also damit um, wenn der Mensch geht, der für einen so etwas wie "der Sinn des Lebens" ist?!

Dana von Suffrin hat für mich eine sehr authentische Geschichte geschaffen mit wunderbaren Charakteren. Manchmal waren die ein oder anderen Eigenschaften schon fast karikaturistisch beschrieben, aber keinesfalls unrealistisch. Von Suffrin behandelt ein Thema über das ich bisher noch nicht oft gelesen habe und vor allem nicht in dieser Form.

Otto hat den Nationalsozialismus überlebt und spricht viel über diese Zeit (nur nicht über die wirklich schlimmen Dinge). Ich finde von Suffrin hat es geschafft wunderbar in den Zeilen zu verstecken, dass wir es mit einem geschundenen Menschen zu tun haben. Einem Menschen, der seine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle hat. Einen Vater, den seine Töchter lieben und hassen.

Ich konnte mich in einigen Situationen sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen, gerade in den "Streitsituationen", wenn Otto Recht haben muss. Im Laufe der Geschichte gibt es sogar kleine Charakterentwicklungen, die mich positiv überrascht haben und der Geschichte eine kleine aber feine Wendung gegeben haben.

Einen kleinen Punkt Abzug gibt es von mir, weil ich die Erzählstränge manchmal etwas wirr fand. Im großen und Ganzen aber eine wunderschöne Geschichte mit tiefgründigem Inhalt.