Vom schweren Ende und den skurrilen Anekdoten auf dem Weg dorthin

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webervogel Avatar

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Auf dem Buchrücken wird angekündigt, dass „Dana von Suffrin erzählt, was es für zwei Töchter bedeutet, wenn ein starrköpfiger jüdischer Patriarch mit siebenbürgischen Wurzeln zum Pflegefall wird.“ Und vielleicht rührt daher mein Problem mit diesem Buch: Ich dachte, dass es in diesem Roman um die Töchter gehen würde. Stattdessen ist „Otto“ eine Rückschau auf das bewegte Leben des gleichnamigen Patriarchen, aus der Sicht seiner Lieblingstochter Timna beschrieben. Timna und ihre Schwester Babi kümmern sich intensiv um den fast 80-Jährigen, der dem Tod zum Erstaunen aller Ärzte immer wieder von der Schippe springt. Zwischen Besuchen, Telefonaten mit den polnischen Pflegekräften und äußerst kurzen Einblicken in ihr Leben außerhalb der Sorge um ihren Vater lässt Timna die Familiengeschichte Revue passieren: Ottos Leben in Rumänien, Österreich, Israel und Deutschland, seine unglücklichen Ehen, der eher lieblose Umgang mit den Töchtern. Erzählt werden in lakonischem Tonfall, ohne große Emotionen vor allem skurrile Anekdoten, die eher willkürlich aneinandergereiht scheinen. Zwischen den Zeilen lässt sich herauslesen, dass Timna und Babi an ihrem Vater hängen und ihn so akzeptieren, wie er ist, mit allen Macken und Unzulänglichkeiten.

Beide Töchter haben jedoch auch Probleme, unterschiedlicher Art und unabhängig vom betreuungsintensiven Vater. Diese werden durchaus erwähnt, aber weder hergeleitet noch gelöst, und das hat mich gestört. Timna und Babi sind in diesem Roman nicht viel mehr als ihren Vater bis zum Ende begleitende Statisten, was insbesondere Ich-Erzählerin Timna nicht gerecht wird. Ich hätte ihre Geschichte gerne gehört, doch in „Otto“ wird nur Ottos geschildert. Relativ am Ende sagt er zu seiner Lieblingstochter: „Das Leben ist so schwer, wenn es aufhört, Timna, und so schön, wenn es anfängt.“ Der Fokus dieses Buches liegt klar auf dem schweren Ende. Auch wenn von Suffrin ihren „Otto“ sehr lebendig schildert und ich den Roman in einem Rutsch durchgelesen habe, war mir das zu wenig.