Fesselnde Dystopie

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nataliegoodman Avatar

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Zoë Beck erzählt beinahe filmisch – die Geschichte fließt so leicht, dass man unversehens hineingezogen wird. Der Thriller baut geschickt Spannung auf, ohne blutrünstig zu sein. Zu Beginn steigt der Spannungsbogen subtil an, als die Rechercheurin Liina, die undercover für eine der letzten nicht-staatlichen Nachrichtenagenturen arbeitet, für eine scheinbar sinnlose Recherche in die Uckermark geschickt wird. Natürlich hängt am Ende alles zusammen – der Recherchetrip, Liinas Erinnerungen an ihre Jugend, der dramatische Fall, an dem ihr Chef und Liebhaber dran ist. Die Autorin verwebt die einzelnen Handlungsstränge geschickt zu einem komplexen Bild einer erschreckenden Zukunft.

Dafür hat sie eine dystopische Welt erschaffen, die den perfekten Background für diesen Thriller abgibt. Nach mehreren Pandemien (ja, irgendwie hat man schnell das Gefühl, dass die Handlung nicht komplett unrealistisch ist...) ist FFM zur 10-Millionen-Metropole und deutschen Hauptstadt angewachsen. Der Meeresspiegel steigt. Außerhalb der großen Städte, im Hinterland, leben die "Parallelen": Menschen mit Depressionen oder Behinderungen zum Beispiel – alle, die nicht in eine scheinbar perfekte Gesellschaft passen. Wer bestimmt, wer gut genug für das Stadtleben ist? Es ist ein grusliges Szenario, dessen ganzer Schrecken sich erst nach und nach offenbart.

Die modernen Errungenschaften der Zukunft, die das Leben verbessern sollen, scheinen den Menschen zunächst hauptsächlich Vorteile zu bringen (Schließlich ist nichts perfekt, stimmt's?), aber mit der Zeit zeigt sich, wie gefährlich und grausam Technik gegen den Menschen verwendet werden kann. Das krasseste Beispiel ist hier das Gesundheitssystem KOS, das die Menschen kontrolliert, bei Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes sofort Tipps gibt (Ruhepause einlegen) oder an die Einnahme von Medikamenten erinnert. Doch es hat nicht nur Vorteile. Es überwacht die Menschen komplett. Wie anfällig das System für Manipulation ist, kann man sich zwar denken, es wirkt jedoch extrem erschreckend, wie sich diese Gefahr in der Geschichte entfaltet.

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich und ergänzen sich dadurch sehr gut. Allen voran hat mich die Protagonistin Liina fasziniert, die gerne vor ihren Problemen wegläuft und schon mal das Land verlässt, aber für die (wenigen) Menschen, die ihr wichtig sind, kein Risiko scheut.

"Paradies City" ist ein mitreißender und erschreckender Thriller.