These boots are made for walking

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räuberin Avatar

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Die vierzehnjährige Billie heißt eigentlich Erzsébet, aber außer ihrer Großmutter nennt sie niemand so. Ganz besonders nicht ihre rebellische, liebevolle und kreative Mutter, mit der sie alleine in einer etwas schäbigen, aber bemüht sorgsam eingerichteten Wohnung in Deutschland lebt. Ihren Vater kennt sie nicht, weiß auch nicht, wer er ist, weil die Mutter sich in Schweigen hüllt.
Mutter und Tochter leben zwar ein bescheidenes, aber ein sehr glückliches Leben. Mit wenig Geld, aber viel Fantasie.
Als eines Tages Billies Großmutter aus Ungarn bei ihrer Tochter anruft, ändert sich allerdings so einiges in Billies Leben.

Da das Buch direkt damit beginnt, kann man es wohl auch ohne zu spoilern sagen: Die Geschichte beginnt mit der Beerdigung von Billies Mutter, danach erzählt werden die Ereignisse, die dazu führten, und was nach der Beerdigung kommt.

Billies Geschichte ist eine typische Coming-of-Age-Story, ohne jedoch Klischees zu bedienen, und sie trifft mitten ins Herz. Nicht nur, weil Billie ihre Mutter verliert, sondern auch, weil die Autorin dort hinblickt, wo die meisten von uns wohl eher wegsehen: auf die Abgehängten der Gesellschaft. Die mit zwei Jobs. Die, die am Ende des Monats nur Spaghetti mit Tomatensauce essen können. Die nicht in einem großen Haus wohnen und die nicht zweimal im Jahr in Urlaub fahren.
Und Billies Verlust schmerzt umso mehr, auch beim Lesen, weil diese Mutter sich ein Bein für ihr Kind ausreißt und aus nicht so Schönem etwas Tolles macht. Sie beweist, dass es Wichtigeres gibt als Geld. Billie und ihre Mutter Marika haben ein inniges Verhältnis – so innig, dass ein Vater in diesem Leben nicht fehlt und Billie diese Lücke erst schließen will, als ihre Mutter tot ist.

"Paradise Garden" ist ein Pageturner, der nur einmal kurz schwächelt und ins Stocken gerät. Es sind zarte Töne, die auf den Seiten tanzen, und gleichzeitig doch auch das "ganz große Ding", die wirklich essenziellen Sachen, die im Leben zählen. Die Sprache ist nicht abgedroschen, immer wieder blitzt Wortgewaltigkeit hervor, die über die sonstige Tristesse hinwegscheint, und die an Marikas Kreativität erinnert.
Was mir neben der etwas zähen Passage nach Marikas Beerdigung ebenfalls missfiel, war der Verlauf, den Billies Freundschaft zu Lea nimmt. Es war dann doch etwas klischeehaft: Die "Reichen" halten sich für etwas besseres. So etwas zementiert nur Gräben und hätte mMn nicht unbedingt sein müssen.

Am Ende wartet das Buch jedoch mit einer kleinen Überraschung auf und Billie wird versöhnt mit der Welt, die oft so ungerecht ist, garstige Großmütter aus Ungarn schickt und die Mutter stiehlt.

Nun bleibt nur zu hoffen, dass es nicht bei diesem wundervollen Debüt bleibt!