Leider nicht ganz so "perfect"

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justm. Avatar

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Als Anns Vater eines Abends als vermeintlicher "Schleifen-Mörder" verhaftet wird, gerät ihre mehr oder minder heile Welt aus den Fugen. Es scheint, als wäre niemand, außer ihr, von der Unschuld ihres Vaters überzeugt und so läßt sie es sich nicht nehmen, den wahren Täter zu suchen, um so die Welt von ihrer Meinung zu überzeugen.

Romy Hausmann erzählt auf etwas mehr als 400 Seiten die Geschichte einer Tochter, die nicht nur die Unschuld ihres Vaters beweisen will, sondern - so hat es den Anschein - vor allem krampfhaft am Leben, wie sie es kannte, festhalten will. Koste es, was es wolle.

Dabei wird die Geschichte zu großen Teilen aus Anns Sicht erzählt, unterbrochen von kleineren Abschnitten aus anderen Perspektiven, die das Bild abrunden sollen.

Obwohl man durch den Schreibstil der Autorin einen wirklich guten Lesefluß hat, hatte ich leider zu keinem Zeitpunkt das Gefühl das Buch NICHT aus der Hand legen zu können. Und das ist, meiner Meinung nach, schon ein Manko, wenn es um einen Thriller oder auch nur einen Krimi geht.

Die Geschichte war also nie so spannend, daß ich wirklich unbedingt wissen mußte, wie es denn nun weitergeht.
Lediglich relativ zeitig im Buch, als Anns frühere beste Freundin Eva mit in die Handlung involviert wird und es zu einem kleinen Cliffhanger kommt, hab ich wirklich weiterlesen WOLLEN. Leider schloß sich diesem Moment aber auch die Erkenntnis an, daß die Dynamik zwischen Ann und Eva nicht weiter beleuchtet werden wird, was ich mehr, als schade fand.

Ganz allgemein fallen die Konstellationen der Figuren untereinander eher flach aus. Die einzige Dynamik, die tatsächlich näher beleuchtet wird, ist die zwischen Ann und ihrem Vater. Dem Thema nach natürlich verständlich, allerdings reichte - zumindest mir - das nicht aus, um einen Bezug zu den Beiden zu bekommen.

So blieb bei mir eher der Nachgeschmack eine wissenschaftliche Abhandlung über die Personen zu lesen, als wirklich in ihre Gefühlswelt einzutauchen. In anderen Worten: so wirklich sympathisch war keine der auftauchenden Figuren. Auch, weil die Autorin einen beim Lesen die meiste Zeit im Unklaren ließ, ob die einzelnen Figuren denn nun "gut" oder "böse" sind. Sicher auch verständlich, aber hier eben leider nicht sehr hilfreich. Genausowenig wie das Gefühl am Ende des Buches im Grunde im Kreis gelaufen zu sein, und daß die Geschichte auch mit 100 oder 200 Seiten weniger hätte erzählt werden können.

Trotz alledem: Die Idee an sich und auch der Schreibstil der Autorin, der für einen wirklich guten Lesefluß gesorgt hat, hat mir gefallen, so daß ich sicher - zu gegebener Zeit - auch mal in eines ihrer früheren Bücher einen Blick werfen werde.
Eine uneingeschränkte Empfehlung kann ich, schon aufgrund der mangelnden Spannung, aber leider nicht aussprechen.