Schnitzeljagd

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
straßenprinzessin Avatar

Von

“Traurigkeit. Es stimmt gar nicht, dass man immer weinen muss und einem die Nase läuft, wenn man traurig ist. Manchmal sitzt die Traurigkeit viel tiefer in einem Menschen drin und klemmt die Leitung für seine Tränen ab. Das fühlt sich sehr kalt und dunkel an, so, als würde man in einem Burgturm sitzen. So ein alter Burgturm wie bei Rapunzel in meinem Märchenbuch, aber ohne Fenster. Und es gibt auch keine Tür. Man friert sehr und die Kälte macht einen ganz schlapp und müde. Man will raus aus dem Turm, weil man noch weiß, dass draußen die Sonne scheint. Aber man kann nicht raus, weil man vergessen hat wo der Ausgang ist.“ (Seite 42)

Ann wollte eigentlich nur kurz Holz holen und dann mit ihrem Vater zu Abend essen, als die Polizei ihren Vater verhaftet und abführt. Der Grund? Er soll der seit langem gesuchte Schleifenmörder sein! Ein Mann, der seit Jahren junge Mädchen tötet, verscharrt und die Stelle mit einem roten Schleifchen markiert.
Doch ist das möglich, dass der Mann, der sie Käferchen nennt und sie liebevoll aufgezogen hat, ein brutaler Mörder ist? Nein, nicht für Ann, sie wird es der Polizei und allen anderen schon noch beweisen! ...oder?

Liebes Kind von Romy Hausmann habe ich verschlungen und geliebt und bin deshalb mit hohen Erwartungen auch an ihr drittes Buch gegangen. Da mir das zweite noch unbekannt ist, waren meine Erwartungen wohl einfach noch zu hoch und so bin ich über den doch sehr soliden Thriller etwas enttäuscht.
Perfect Day ist ein angenehmer deutscher Thriller gewesen, der im Vergleich zu ihrem Erstlingswerk allerdings total flopt und keinen Vergleich schafft. Vielleicht ist es aber auch nicht ganz fair, sich nur an diesem Maßstab zu orientieren.

Ann ist eine nette und zielstrebige Protagonistin, die mir leider völlig unsympathisch blieb. Dabei verstehe ich sogar ihre Haltung gegenüber ihrem Vater und warum sie der Welt unbedingt zeigen will, dass er nicht dieses Monster ist. Ich verstehe, warum sie den Mann, der sich immer um sie gekümmert hat, der sie liebt und umsorgt hat, helfen will, retten will, selbst wenn er schweigt.
Es gibt Gründe um an der Anklage zu zweifeln und als Tochter muss man dem doch nachgehen, wenn es sonst keiner tut, oder?
Dabei steht Ann oft ziemlich alleine da, oder bekommt Unterstützung von Personen, die ebenfalls unsympathisch sind. Für mich sind die Figuren leider ein großer Minuspunkt gewesen. Teilweise fand ich sie ihn ihrer Rolle authentisch, aber wenig bis gar nicht sympathisch. Dadurch viel es mir schwer mitzufühlen, zu bangen und zu hoffen. Durchweg waren die Figuren irgendwie nervig und egoistisch, immer auf ihr eigenes Wohl und Vorhaben bedacht. Völlig von der Rolle oder absolut Gleichgültig. Auch Situationen oder einzelne Szenen fand ich ziemlich Nüchtern, obwohl es auch mal den ein oder anderen Spannungsmoment gab. Am besten und fast schon am Gefühlvollsten waren die Beschreibungen der kleinen Kinder Ann, wenn sie einzelne Gefühle beschreiben musste.
Das mochte ich schon in ihrem ersten Buch und ebenfalls wie in ihrem Erstlingswerk, gibt es auch hier wieder viele überraschende Wendungen. R. Hausmann hat es durchaus wieder geschafft, dass man sich über nichts all zu sicher sein kann und der eben noch gefühlte Ahaa! - Moment schon mit der nächsten Szene zerfällt. Zwar bin ich bei diesem Buch mir der Lösung wesentlich früher sicher gewesen, aber es war ein solides Rätselraten.

Ich bin immer ein bisschen hin und hergerissen, was ich nun von diesem Buch halten soll. Wenn ich zum Erstlingswerk schiele, dann bin ich enttäuscht, wenn ich allerdings die Augen zukneife, dann war dieser Thriller eigentlich ganz okay. Vermutlich werde ich mich noch ihrem zweiten Buch widmen und vielleicht überrascht werden, weil meine Erwartungen nicht mehr Loopings schlagen.