Was fühlst du, mein Käferchen?

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jenvo82 Avatar

Von

„ Liebe ist das Zerbrechlichste und zugleich Stärkste in uns Menschen. Und sie ist immer existent.“

Inhalt

Ann Lesniak kann es kaum glauben, dass ihr geliebter Vater, der sie als Alleinerziehender großgezogen hat, nun als Hauptverdächtiger in mehreren Mordfällen an jungen Mädchen im Fokus der Ermittler steht. Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass die Polizei den falschen Mann verhaftet hat und begibt sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem Mörder. Irgendwo wird sie eine Spur finden und den Verantwortlichen klarmachen, dass es sich hier um ein einziges Missverständnis handelt. Mühevoll und ereignislos vergehen die nächsten Wochen, bis ihr das Schicksal in die Hände spielt und erneut ein kleines Mädchen verschwindet, welches kurz darauf wieder auftaucht, weil sie den Fängen des Mörders entkommen ist. Doch die kleine Sarah ist nicht zwangsläufig der Beweis für die Unschuld von Walter Lesniak und ihr beharrliches Schweigen scheint andere Gründe zu haben. Wenn Ann nicht bald den Schlüssel zur Lösung des Falls findet, muss sie hilflos mit ansehen, wie die Justiz ihres Amtes waltet …

Meinung

Nachdem ich bereits die beiden vorherigen Bücher der deutschen Bestsellerautorin Romy Hausmann mit viel Vergnügen gelesen habe, war ich natürlich auf ihr neuestes Werk umso neugieriger. Die Szenerie ganz nach meinem Geschmack: ein scheinbar heikler Fall, mit überschaubarem Personal und möglichst tiefgründiger psychologischer Orientierung. Der Schreibstil war wie erwartet schon auf den ersten Seiten flüssig zu lesen, spannend erzählt und zunächst sehr undurchsichtig. Gerade die diversen Texteinschübe, aus unterschiedlichen Perspektiven, sorgten für viel Interpretationsspielraum und Spekulationen. Hinzu kamen bewusst genutzte Zeitsprünge zwischen Anns Bemühungen in der Gegenwart, ihren Erinnerungen aus Kindheitstagen und einer zweiten, bedrohlichen Stimme des vermeintlichen Täters, die darauf schließen ließ, dass wir es hier mit einem Psychopathen zu tun haben. Doch so geschickt, wie die Geschichte auch aufgebaut ist, sie wirkt nicht aus einem Guss und lässt den Leser zu lange in der eigenen Gedankenwelt verharren. Schon bald sorgt das Geschehen für erste Ungereimtheiten und entwickelt sich zunehmend unlogisch und konzentriert auf Effekthascherei – Hauptsache Dramatik, Action und Plot-Twists, die allerdings bald ihren Glanz verlieren.

Besonders geärgert hat mich die Tatsache, dass neben der Geschichte um Walter Lesniak noch so viel anderes angesprochen und ausgeführt wurde, dadurch konnte ich mich gerade mit der Perspektive des potentiellen Mörders gar nicht so recht auseinandersetzen. Die Frage nach dem Motiv ist unklar und ebenso die nach dem Wahrheitsgehalt der Geschehnisse. Möglichkeiten gibt es viele und dadurch bleibt vieles an der Oberfläche, die Intension liegt mehr auf der spekulativen Handlung und weniger auf den Hintergründen.

Fazit

Ich vergebe hier 3,5 Lesesterne, die ich aber tendenziell eher abrunden würde. Diese Story ist mir zu turbulent und dann wieder zu langatmig, der Lesefluss ist zwar da und man könnte meinen einen echten Pageturner in den Händen zu halten, nur leider häufen sich die Kritikpunkte und oftmals verwirkt der Text kurz zuvor aufgebaute Sympathien, weil er sich dann wieder in den Weiten einer anderen Nebenhandlung verirrt. Auch die Glaubwürdigkeit aller Protagonisten steht immer auf der Scheidelinie, als Leser fiel es mir schwer, mich auf einen Aspekt zu konzentrieren und ich kam mir manchmal regelrecht gehetzt vor.

Ganz klar, dieser Thriller ist für mich das bisher schwächste Buch der Autorin, zu sehr orientiert sie sich an temporeichen Entwicklungen und verliert dadurch die ausgeprägten Charakterstudien aus den Augen. Die Schicksale hinter den verschiedenen Rollen des Täters und der Opfer bleiben schwammig und als Leser spürt man nur, dass sich hier ziemlich viele kranke Charaktere auf gut 400 Seiten tummeln, die erstaunlicherweise recht gut in bestimmte Klischees passen. Ich hoffe dann beim nächsten Buch wieder auf den Aufwärtstrend.