Ein wichtiges Buch

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wallerie0 Avatar

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Ein Fremder liegt eines Abends im elterlichen Wohnzimmer. „Er war nackt. An seiner nassen Haut klebte Seetang...“ S. 11 Er ist einer der Verschwundenen, eines der vielen Opfer der Militärdiktatur in Argentinien. Perla hat „das Gefühl, es könnte etwas geben, das wir zusammen tun mussten, etwas Unbenennbares, etwas, das ich allein nicht tun konnte.“ S. 47
Sie erinnert sich an die Frauen mit den weißen Kopftüchern auf dem Plaza de Mayo, die Gerechtigkeit und Aufklärung fordern, an Mutters Worte dazu: Alles Hirngespinste! „Wahrscheinlich sind sie auf und davon, um in Paris ein Faulenzerleben zu führen.“ S. 36 Sie denkt an Romina, deren Freundschaft sie verlor, als diese entdeckte, dass Perlas Vater Marineoffizier und somit auch einer der Mörder war.
Sie hat schon lange geahnt, dass ein Schatten auf ihrer Familie liegt. „Ich wollte allen glauben, wollte den Bereich finden, wo alle – mein Vater, die Journalisten – ein bisschen Recht hatten.“ S. 38 Schande oder Notwenigkeit? Unschuldige oder Subversive? Es gab zwei Pole der Wirklichkeit.
Sie liebt ihren Vater, doch gleichzeitig ist es wie eine Wunde für sie, das Kind dieses Vaters zu sein. Ihre innere Zerrissenheit konnte sie bisher niemandem anvertrauen, am wenigsten ihren Eltern. So viele Zweifel, so viel Scham und so viele Fragen. Perla kennt die düstere Wahrheit und versucht zu verstehen, damit zu leben. Sie lässt den Leser in ihr Innerstes schauen und so wird dieser auch erfahren, weshalb der Femde zu ihr gekommen ist.
Die Autorin beschreibt die Gedanken und Gefühle der Beteiligten und alles um sie herum so prägnant und eindringlich, dass man all dies auch wirklich verinnerlicht. Ein wichtiges Buch, steht es doch auch stellvertretend für die dunklen Kapitel anderer Nationen sowie dem gesellschaftlichen und individuellen Umgang mit der Vergangenheit.