Perla - Zweifel am eigenen Leben

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aoibheann Avatar

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Die junge Studentin Perla findet eines Tages im Haus ihrer Eltern einen fremden Mann vor. Er ist nackt, klitschnass und ihr vollkommen fremd. Nach dem ersten Schock versorgt sie ihn mit Nahrung und versucht herauszufinden wer er ist und woher er kommt, was ihm widerfahren ist. Doch der Fremde spricht nicht, scheint kaum dazu in der Lage zu sein vor Schwäche. Perla fühlt sich dennoch von seiner Situation angesprochen und beherbergt ihn.
Perla fühlt sich bereits seit einiger Zeit unsicher, nirgendwo zugehörig und hadert mit dem von ihr gewählten Lebensweg. Ein Streit mit ihrem Lebensgefährten komplettiert die kompliziert Situation.
Nachdem sie dem Fremden einige Informationen entlocken konnte, beginnt sie sich Fragen über ihre Herkunft zu stellen. Sie stellt Recherchen an und stellt mit Entsetzen fest, dass in ihrem Leben nichts das zu sein scheint, was sie bisher annahm. Ihre Eltern sind nicht ihre Eltern. Sie ist Kind sogenannter „Verschwundener“, Menschen, die von der Militärdiktatur verschleppt und gefoltert wurden. Der Mann, den sie bisher ihren Vater nannte, ist ein hochrangiges Militärmitglied und konnte über seine Beziehungen Perla als junges Mädchen adoptieren. Und der nasse Fremde in ihrem Haus ist niemand geringeres als ihr leiblicher Vater, der Gott für diese Wendung des Schicksals dankt. Perlas leiblicher Mutter ist das Glück, ihre Tochter zu sehen, nicht vergönnt, sie wurde vom Militär erschossen.
Perla versöhnt sich mit Gabriel, ihrem Lebensgefährten und vertraut sich ihm an. Er stellt den Kontakt zu den „Abuelas de Plaza de Mayo“ her, den „Großmüttern der Plaza de Mayo“. Frauen, die über den Verbleib ihrer verschwundenen Kinder und Enkelkinder demonstrieren. Die Vereinigung macht es möglich, dass Perla am Ende ihrer leiblichen Familie gegenüberstehen kann.

Der Roman ist sehr berührend geschrieben, Gefühle spielen eine große Rolle und werden an vielen Stellen ausführlich beschrieben, was gewisse Längen hat.
Sehr eindringlich sind die Passagen, die aus Sicht des Fremden erzählt werden, über sein Verschwinden und das seiner Frau, die Gefangennahme, die Folterungen. Besonders grausam ist die Beschreibung der „Entledigung“ der Gefangenen, in dem man sie aus einem Flugzeug über dem offenen Meer abwirft.

„Perla“ ist ein bedrückender Roman über ein dunkles Kapitel Argentiniens, welches für viele viele Menschen noch lange nicht abgeschlossen ist. Für das Buch sollte man sich Zeit und Ruhe nehmen, es ist kein seichter Roman den man mal eben so liest. Allein die sprachlich wunderschönen (manchmal allerdings etwas lang erscheinenden) Gefühls-Passagen sind es wert Wort für Wort gelesen zu werden (Dafür gebührt auch ein großes Lob an den Übersetzer!)