Von einem der auszog und alles verlor...

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Poldark – Abschied von gestern erzählt die Geschichte des jungen Ross Poldark, der nach zwei Jahren Bürgerkrieg in Nordamerika in seine Heimat Cornwall zurückkehrt.
Kriegsverletzungen haben eine Narbe auf seinem Gesicht hinterlassen und ein steifes Fußgelenk. Doch auch seine Seele hat gelitten. Bei seiner Rückkehr findet er sein Zuhause verändert vor; sein Vater ist verstorben, sein Besitz heruntergekommen, die Pächter haben Haus und Felder verkommen lassen, auch die zum Besitz gehörende Miene liegt brach. Kurz vor der Ankunft auf seinem Besitz, stattet er der Familie seines Onkels Charles Poldark einen Besuch ab und findet die Familie mitten in der Verlobungsfeier seines Cousins Francis mit Elisabeth Chynoweth – Ross´ großer Liebe. Die Hoffnung, sie nach seiner Rückkehr zur Frau nehmen zu können, gab ihm die Kraft, die Kriegsjahre durchzustehen.
Tief enttäuscht wendet er sich von Familie und Gesellschaft ab und stürzt sich in den Wiederaufbau seines Besitzes. Einzig seine Cousine Verity, die ihm schon immer nahe stand, vermag ihm zur Seite zu stehen und neuen Lebensmut zu schenken.
Auf einem Kirchtag rettet er ein kleines Mädchen, das in eine Prügelei geraten war. Die Kleine ist verwahrlost und halb verhungert, vom trunksüchtigen Vater, einem Minenarbeiter, misshandelt. Ross nimmt das Kind als Küchenhilfe bei sich auf. Nicht ahnend, dass die kleine Demelza Carne sein Leben prägen wird.
Aus dem kleinen Mädchen wird eine junge Frau, die sich schon lange in ihn verliebt hat. Ross bleiben diese Veränderungen an Demelza nicht verborgen, er beginnt zunächst eine Affäre mit ihr und nimmt sie dann zur Frau. Entgegen aller herrschenden Konventionen und auf die Gefahr hin, von der Gesellschaft geächtet zu werden. Längst hat er seine Liebe zu ihr entdeckt. Und obwohl die Ehe zwischen Elisabeth und Francis nicht glücklich ist, ist es für eine Aussöhnung mit Elisabeth zu spät.
Winston Graham hat einen wunderbaren Roman geschrieben, der von der ersten Seite an spannend zu lesen ist, ohne zu schwülstig zu werden.
Ich musste mich auf den ersten Seiten in seinen Schreibstil einlesen, der sich mir dann als einzige Möglichkeit erschloss, diese Geschichte zu erzählen. Stil und Wortwahl passen in die Zeit Ende des 18. Jahrhunderts und obwohl er nicht sehr ins Detail geht, kann man sich das harte und mühsame Leben der Menschen in dieser Zeit im schon immer ärmlichen Cornwall vorstellen. Abhängig zu sein von Ernte und Fischfang und die schwere Arbeit in den Minen, in denen schon die Kinder arbeiten mussten und die aus jungen Leuten Alte machten.
Profit zogen nur die Grundbesitzer – der Landadel, der sogar Geld für die Spieltische hatte.
Die Figur des Ross Poldark ist sehr gut gezeichnet; obwohl selbst verarmt, kümmert er sich um die Menschen, die für ihn arbeiten und auf seinem Grund leben. Anders als andere, zeigt er Empathie und eine soziale Ader. Die Jahre, die er fern von seiner Heimat war, haben ihm die Augen geöffnet und erkennen lassen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, sein Leben zu gestalten und Verantwortung für andere zu übernehmen.
Schön auch die Liebesgeschichte, die sich zwischen Ross und Demelza entwickelt. Zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch so viel gemeinsam haben. Ich freue mich, den nächsten Band lesen zu dürfen.

Ich kann den Roman von Herzen weiterempfehlen. Die Geschichte nimmt einen in Besitz ohne aufdringlich zu sein. Auch das Cover ist ansprechend gestaltet. Die Abbildung des jungen Mannes mit der Narbe im Gesicht - so stellt man sich Ross Poldark vor. Die Figur in Mantel und Dreispitzhut, die am nächtlichen Stand steht und aufs Meer hinaus blickt, lässt etwas von der Schwere und Tragik seines Lebens erahnen.