Psyche, die große Liebende

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Prinzessin Psyche von Mykene wird vorausgesagt eines Tages eine große Heldin zu werden, die ein Ungeheuer besiegen wird, welches selbst die Götter fürchten. Ihr Vater, der König von Mykene, lässt ihr eine kriegerische Ausbildung zu kommen und Psyche erweist sich als äußerst talentiert.

„Wenn es gut läuft, dann ist die Liebe kein Hindernis dafür Heldenruhm zu erlangen. Im Gegenteil, sie ist genau der Grund, weshalb man zum Helden oder zur Heldin wird.“

S. 79

Der Gott des Begehrens Eros führt ein freiwilliges Einsiedler Leben. Er hält Abstand zu den Göttern, als auch zu den Menschen. Ab und an wird er von seiner göttlichen Verwandtschaft beehrt, die ihn um den Einsatz seiner Pfeile bittet. Er selbst kann mit der Liebe wenig anfangen.


„Ich wurde Zeuge, wie die Liebe die Niederen erhöhte, die Unscheinbaren unvergleichlich schön werden ließ und wie vergängliche Existenzen etwas Erhabenes bekamen.“ S. 62


Eines Tages fordert ihn seine Adoptivmutter Aphrodite dazu auf - aus Eifersucht auf Psyche - sie unglücklich verliebt zu machen. Psyche hat den Ruf wunderschön zu sein und hat der Göttin der Liebe und Schönheit zu wenig Respekt gezollt. Anders als andere in ihrem Alter hat sie noch kein einziges Mal zu ihr gebetet. Eros trifft sich versehentlich selbst mit einem Pfeil und so entbrennt in ihm das ewigliche Verlangen nach Psyche.


So beginnt die Geschichte eines großen Liebesmythos der griechischen Mythologie.


Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil, der dem Thema gegenüber äußerst angemessen ist. Er passt perfekt zur Antike und ist gleichzeitig nicht so verstaubt und dazu leicht zu lesen. Es fällt durch diesen Schreibstil leichter sich in diese Epoche hineinzuversetzen. Die Autorin hat Altgriechisch studiert und das merkt man. Alles hat Hand und Fuß. In ihren Anmerkungen werden die Änderungen erläutert, die sie vorgenommen hat.


Es sind nicht nur Psyche und Eros auf die der Leser letztlich trifft, sondern ein ganzes Best-off an Göttern, Helden und Sagengestalten und drum herum der Trojanische Krieg. Beim Lesen lernt man viel dazu und hat auch noch Spaß dabei. Ich war erstaunt darüber wieviel mir vage bekannt vorkam, und gleichzeitig wieviel davon für mich neu war. So unsympathisch hätte ich die Götterwelt nicht erwartet, denn die allermeisten von ihnen sind selbstverliebt, egoistisch, grausam und hinterhältig. Sie lieben es „vergöttert“ zu werden und betrügen sich gegenseitig. Vor allem Aphrodite erwies sich ganz anders als man durch ihre ihr zugeteilten Aufgaben über sie denken würde. Kein Wunder, dass Eros angesichts solcher Verwandtschaft freiwillig ins Exil geht.


Eros selbst ist für einen Gott des Begehrens eher untypisch kein leidenschaftlicher Casanova und Frauenheld, der es liebt zu begehren und zu verführen und der ebenso von Frauen zurück begehrt wird. Er ist geradezu schüchtern wirkend im Umgang mit Psyche. Es vergeht eine lange Zeit bis sie sich berühren. Für ihr erstes aufeinandertreffen braucht es mehr als hundert Seiten und nach mehr als zweihundert Seiten folgt der erste Kuss! In den allermeisten Nächten davor unterhalten sie sich und Eros legt sich ganz sittsam neben ihr schlafen.


Durch einen Fluch Aphrodites dürfen sich die beiden nicht sehen, denn sobald dies passiert, werden sie für immer von einander getrennt. So begegnen sie sich bei völliger Dunkelheit, oder Eros nimmt eine andere Gestalt an.


Psyche fand ich etwas zu naiv wirkend. Sie glaubt so leichtfertig, dass Eros ihr neuer Mann ist. Vermutlich ist sie einfach nur froh darüber keinen alten König heiraten zu müssen und Eros hat als Gott wahrscheinlich eine besondere Anziehungskraft, die selbst dann wahrnehmbar ist, wenn sie ihn nicht sehen, aber spüren kann.


Mir hat der langsame Aufbau der Geschichte sehr gefallen. Obwohl sich Eros quasi auf den ersten Blick verliebt, ist es doch nicht so, dass sie sich alleine von der Optik her leiten lassen. Sie lernen sich gegenseitig kennen und schätzen. Psyche findet durch Eros eine angemessene Würdigung und erkennt, dass er ein guter Mann sein würde. In der harmonischen Ehe ihrer Eltern hatte sie selbst ein gutes Vorbild.


Die Geschichte bot alles an Gefühlen an. Selbst humorige Stellen fanden sich. Die Kritik am (Trojanischen) Krieg lässt nachdenken. Was die Dichter daraus gemacht haben, ist etwas Anderes als es war. An einer Stelle heißt es in etwa, dass mit dem Blut von Frauen bezahlt wurde. Obwohl diese die größten Leidtragenden sind, werden sie oft missachtet. Die Autorin gibt insbesondere den Frauen einen Star-Auftritt. Iphgenie in Aulis lässt mich auch Tage nach dem Lesen nicht mehr los.

(Das liegt an der barbarischen Brutalität.)


Psyche zeichnet sich durch einen besonders eisernen Willen aus. Sie steigt für die Liebe als Lebende mehrmals in die Unterwelt. Auch Eros geht diesen Weg, obwohl er als Gottheit das Totenreich eigentlich nicht betreten kann. Sein Wille bricht selbst angekettet unterm Olymp nicht. Seine Sorge gilt allein Psyche. Die beiden sind wahrlich zwei große Liebende.


„Indem man lernt, jemand anderen wirklich zu lieben, lernt man zugleich, die Welt zu lieben. Und sich selbst, was vielleicht noch schwieriger ist.“ S. 362


Für Fans der griechischen Mythologie ein Lese-muss.