Dystopie Satire mit Tiefgang

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kiira Avatar

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In Qualityland brauchst du dir keine Gedanken mehr machen, alles ist OK oder viel mehr am OKAYSTEN. Qualitypartner sucht deinen perfekt passenden Partner mit komplementären Interessen, TheShop liefert dir alles, was du dir bewusst oder unterbewusst wünscht, Everybody ist das neue soziale Netzwerk, das jeden erfasst und What-I-Need weiß, wonach du suchen willst. Es läuft also alles am perfektesten.
Im Handlungsverlauf bekommt man Einblick in verschiedene Qualitylifes:
Peter Arbeitsloser ist Maschinenverschrotter und seit kurzem getrennt, da Qualitypartner einen anderen, perfekteren Partner für seine Expartnerin gefunden hat. Das ließ ihn Qualitylevel absteigen und zum Level-9-Nutzlosen werden. Doch Peter hat ein Herz und Verstand und beschließt, als er eines Tages merkt, dass das System erhebliche Lücken aufweist und gerade für Menschen seines Status keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr voraussieht, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
John of Us ist ein Androide, der die Präsidentschaft anstrebt. Er ist der perfekte Kandidat, weil er selbstlos handelt und nur das Beste für seine Menschen tun möchte und dazu sieht er auch noch verdammt gut aus, doch irgendwie wollen die Menschen ihm dann doch nicht ganz vertrauen und scheinen sich mehr zu seinem Rivalen Conrad Koch hingezogen zu fühlen, der sich selbst ständig widerspricht und keinen fairen Wahlkampf betreibt.
Schafft John es, die Menschen davon zu überzeugen, dass eine Maschine mit soliden Wertvorstellungen und selbstloser Programmierung besser als Präsident geeignet ist als ein egozentrischer, impulsiver aber dennoch menschlicher Kandidat?
Die weiteren handelnden Personen könnt ihr am besten beim Lesen selbst kennenlernen.

Marc-Uwe Kling schreibt ernster als noch bei den Känguru-Chroniken, jedoch nicht weniger unterhaltsam. Anspielungen auf "Fahrenheit 541" "Schöne neue Welt" und "1984" gelingen hervorragend und wirken nicht aufgesetzt. Mir gefällt der Ton in Qualityland, der nicht zu ernst ist, aber uns trotzdem die Problematiken bestimmter Zukunftsvisionen aufzeigt.
Qualityland zeigt, wie lebenswert und erfüllend das analoge Leben im Vergleich zum vollkommen vernetzten Leben sein kann.

Klitzekleiner Minuspunkt: Die Werbeanzeigen und Artikel, die wirklich passend sind und absolut in das Werk gehören, stören leider den Lesefluss etwas, was mit Sicherheit zwar beabsichtigt war, mich aber zwischenzeitlich davon abgehalten hat, weiterzulesen und richtig süchtig nach diesem Roman zu werden.
Und das neue Hardcover Design sieht nach noch so vorsichtigem Lesen an den Kanten schnell abgenutzt aus, was mir persönlich nicht so gut gefällt.