Wie Persönliches und Politisches Hand in Hand gehen...

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mike nelson Avatar

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Die Weimarer Republik am Vorabend der Machtübernahme durch die Nazis. Der Protagonist Quintus Schneefahl, Legationsrat im Reichswehramt und politischer Schreiber mit Talent, durchlebt die Berliner 20-er Jahre und lässt uns aus seiner Perspektive teilhaben an der politischen Entwicklung und an seiner privaten Geschichte. Für den geschichtsintessieren Leser ein durchaus anerkennenswerter Versuch, Privates und Politisches aus dieser Zeit auf fast 500 Seiten miteinander zu verschränken - und das ist durchaus gelungen; vor allem aber sei erwähnt, dass der Autor ausgesprochen gut schreiben kann - die Sätze scheinen wohl überlegt. An manchen Stellen hatte ich allerdings das Gefühl, dass die persönliche Geschichte von Quintus eher das Transportmittel für Geschichtsaufklärung ist; der Roman, der ja eher eine Geschichte (auf zeitgeschichtlichem Hintergrund) erzählt, gerät stellenweise doch sehr in den Hintergrund.
Gleichwohl finden sich beeindruckende Aussagen: "Denn nichts als eine spärliche Schnipselsammlung von Erinnerungen ist unser Gedächtnis..."
... und genial ist auch, wie der Autor die Reden Hitlers charakterisiert und deren Wirkung auf die Zuhörerschaft. Die erste Szene des Buches ist eher eine politische, die letzte eine private. Ein Familienausflug der Familie auf einen Aussichtshügel - "Träumend flogen seine Gedanken über den See und kreisen richtungssuchend wie ein Vogelschwarm der unbekannten Zukunft entgegen." Es ist das Jahr 1934.