Die Macht der Konditionierung nach Pawlow

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mel.e Avatar

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"Rapunzel, mein" ist der zweite Band einer Thrillerreihe, der mich wirklich begeistert. Auch wenn ich "Der Alphabetmörder" für mich komplett unbekannt ist, waren mir die Bezüge hierzu schlüssig und weckten meine Neugier. Insgesamt gesehen ist "Rapunzel, mein" sehr erdrückend und definitiv barbarisch. Am meisten fasziniert bin ich vom Alter des Autors, da dieser lediglich zwei Jahre älter ist als mein Sohn und dieser nicht im entferntesten Interesse daran hätte einen Thriller zu schreiben. Mein Respekt an dieser Stelle für diese Begabung und die Umsetzung von mörderischen Gedanken.



Rabea Wyler hat ihre eigenen inneren Kämpfe auszufechten und daher bringt sie sich relativ schnell mitten in die Ermittlungen in einen Fall, der dem Verschwinden ihrer Schwester Marie sehr ähnelt. Auch in diesem Fall ist der Märchenbezug greifbar, denn kurz vor der Entführung fühlte sich Marie von einer "Hexe" bedroht. Im weiteren Verlauf dringt Rabea immer tiefer in ihre Vergangenheit ein und kann sich so einer Aufklärung der neuerlichen Ermittlungen annähern. Letztendlich ist es ein Kampf um Leben und Tod, wobei dieser hohe Spannungsbogen dienlich ist, mich wie gebannt an meinen Reader zu fesseln. Ein kleiner Funken Hoffnung Marie lebend zu finden ist immer greifbar und diese verglüht nur relativ langsam.



Jan Grall, der sich aus der Polizeiarbeit zurückgezogen hat, wird ebenfalls mit den aktuellen Ermittlungen vertraut gemacht und muss erkennen, dass er lange Zeit dem falschen Menschen vertraut. Hier zeigt sich, das auch Menschen durch Angst und Schmerz wie Marionetten agieren. Es hat mich entsetzt, aber es ist so authentisch dargestellt, dass es auf mich absolut glaubhaft wirkt.



"Rapunzel, mein" ist ein Thriller mit Wow - Effekt, der sich mitten in einem Märchen befindet. Der Bezug zu Rapunzel ist genial und zeigt, wie sehr "letzte" Wünsche einen Menschen verändern können, die vor Neid und Gram innerlich zerbrechen. Manchmal nutzen andere dieses, um es zu ihren Zwecken zu nutzen. Eine gelungen Konstruktion von Psychosen und dem Wunsch zu herrschen, auch wenn ein anderer dadurch großes Leid erfahren muss. Sich menschliche Spieler zu erschaffen ist widerwärtig und lässt mich erschaudern.



Gerne eine Leseempfehlung an einen Thriller, der bis auf minimale Schwächen absolut überzeugen konnte.