Ende einer Idylle

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An dem Tag, an dem in der Einflugschneise in Richtung auf den Flughafen Zürich mehrere Flugzeuge abstürzen sollten, verabschiedet Eva Seger sich morgens von ihrem Mann. Johannes wird aus beruflichen Gründen nach Schweden fahren. Während Eva als Krankenschwester arbeitet, kümmern sich die Nachbarn Frieder und Susanne um Segers Tochter Lea. Die Idylle in Segers Küche schildert Michael Tietz so detailreich, dass man als Leser glaubt, mit den Segers am Frühstückstisch zu sitzen. Auch die Wege einiger anderer Wellendinger Bürger, die den Passagieren der ersten abgestürzten Maschine zu Hilfe kommen wollen, beschreibt Tietz liebevoll in allen Details. Von einer Minute zur anderen sind in Deutschland offenbar Elektrizität, Wasser und das Telefonnetz zusammengebrochen. An Evas Arbeitsplatz in Donaueschingen springt sofort der Notgenerator an. Das drohende Endzeitszenario wagt man kaum zu Ende zu denken. Ein Jahr vorher hatte ein Schüler ein Computer-Virus entwickelt, um während der Abitur-Prüfung den Schul-Computer lahmzulegen. Das Virus ist der Grund für den weltweiten Ausfall der Versorgungs- und Kommunikations-Systeme.

 

Michael Tietz utopischer Roman wurde bereits von so vielen gelobt, dass mein Blick auf die Leseprobe besonders aufmerksam ausfiel. Was Tietz aus Deutschlands Südwesten erzählt, hat mich sofort gefesselt. Wie er sein Szenario und seine Figuren beschreibt, hat mir weniger gut gefallen. Philosophische Allgemeinplätze und einige Schwächen im Ausdruck beanspruchen die Geduld des Lesers. Skeptisch macht mich Tietz Darstellung der Frauenfiguren: Frauen sind entweder so dumm, dass sie ohne männliche Ansage ihren Alltag nicht allein organisieren können – oder sie sind zu allem Überfluss auch noch altjüngferlich. Ich bin gespannt, ob Rattentanz die Vorschusslorbeeren verdient hat.