Rattentanz

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elohym78 Avatar

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Eigentlich wollte ein paar clevere Schüler nur den Schulcomputer lahm legen, um die Prüfungen nicht mit schreiben zu müssen, doch es kam alles anders. Statt den Schulcomputer zu infizieren, schicken sie ihren kleinen Virus durch die Welt. Alles, was mit Daten läuft, bricht am 23 Mai um 7.00 Uhr zusammen. Kein Strom, kein Wasser, kein Handy, Flugzeuge fallen vom Himmel, Schiffe treiben orientierungslos auf hoher See. In diesem Chaos ist das einzige Ziel der Menschen: Überleben. Aber wie? Da es keinen Nachschub an Lebensmitteln mehr gibt, setzt sich bald das Recht des Stärken durch. Marrodierende Banden ziehen durchs Land, auf der Suche nach Essen, Städte wirken wie leer gefegt, nur ein paar wenige erinnern sich an die alten Sitten und Gebräuche und versuchen sich eine lebenswerte Existenz aufzubauen. Der einzellne zählt nichts, es lebe die Gemeinschaft!

Das Cover ist einfach und doch eindrucksvoll gestaltet. Es zeigt einen Wald in rot und schwarz Tönen. Ansich nichts außergewöhnliches, aber durch die Farbgestaltung wirkt es bedrohlich wie ein Endzeitszenario. Es passt hervorragend zu dem Titel und dem Inhalt des Buches.

Michael Tietz hat einen sehr kraftvollen und ausdrucksstarken Schreibstil. Er zieht den Leser sofort in seinen Bann und lässt ihn erst wieder los, wenn die letzte Seite verschlungen ist. Aber auch dann geistert das Buch weiterhin in der Phantasie. Zum einen schildert er die globalen Ausmaße, aber eben auch die kleinen Schicksal, die ein Blackout auf einzellen Menschen haben kann. Deshalb wirkt das Buch glaubwürdig und wie aus dem Leben gegriffen. Der Spannungsbogen wird kontinuierlich hoch gehalten, auch wenn der Autor sich hin und wieder in der Schilderung von kleinsten Kleinigkeiten zu verlieren droht.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil schildert den Blackout und seine Folgen, der zweite Teil die Orientierungslosigkeit und der dritte, wie sich alles langsam in der neuen Zeit zurechtfindet. Sehr gut hat der Autor seine Protagonisten und ihren Weg durch diese Zeiten geschildert. Teils mitreißend, motivierend, stark, aber auch die Hoffnungslosigkeit des einzellnen kommt nicht zu kurz. Der Leser begleitet Hans Seger auf seiner Reise von Schweden ins heimische Wellendingen und auf der anderen Seite seine Frau Eva, die dort auf ihn wartet. Wie gestaltet sich das Leben ohne Strom auf einem Dorf, wie ist reisen in dieser schweren Zeit möglich. Durch diese Erzählwechsel wird zusätzlich Spannung aufgebaut. Auch die Begleiter der beiden werden authentisch geschildert.

Das einzige Manko dieses Buches sind die Gewaltszenen. Der Autor scheint sie sehr stark zu lieben, denn sie werden äußerst Detaill getreu geschildert. Michael Tietz lässt keinerlei Spielraum für Spekulationen, er schildert alles in seiner absoluten Grausamkeit.

Mein Fazit: Spannend und mitreißen wie ein guter Thriller, dabei aber sehr nah an der Realität. Der Inhalt wird mich sicherlich noch lange begleiten!