Rückfall ins Mittelalter

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23. Mai, 07:00 Uhr morgens. Von einem Moment zum anderen hört sämtliche Technik auf zu funktionieren. Es gibt keinen Strom mehr und kein Wasser, kein Telefon, kein Handy und kein Telefon funktionieren mehr. Flugzeuge stürzen ab, als auf einen Schlag sämtliche Bordtechnik versagt. Ein Computervirus, der eigentlich als Dummer-Jungen-Streich gedacht war, hat alles lahmgelegt. Innerhalb von ein paar Stunden, versinkt die Welt im Chaos. Panik, Plünderungen, sinnlose Gewalt greifen um sich. Keiner weiß, was die Ursache für den weltweiten Stromausfall ist, und keiner weiß, ob und wann alles wieder funktioniert. Von den Fesseln der Zivilisation befreit, ist sich jeder selbst der Nächste, bald gilt nur noch das Gesetz des Stärkeren.

Inmitten dieses Chaos versucht die Krankenschwester Eva, die zum Zeitpunkt der Katastrophe im Krankenhaus arbeitet, in das 30 km entfernte Dorf Wellendingen zu ihrer 7-jährigen Tochter zu gelangen. Gleichzeitig macht sich ihr Mann Hans von Schweden aus, auf den nahezu aussichtslosen Weg zu seiner Familie.

Es ist ein erschreckendes Zukunftsszenario, welches Tietz da entwirft. Wie würden wir uns verhalten, in einer Welt, in der es nur noch um das nackte Überleben geht? Würden wir das Wenige, das wir selber noch haben, mit unserem Nachbarn teilen? Oder würden wir wegen eines einzigen verschimmelten Brotes zum Mörder werden?

Sehr ausführlich und eindringlich schildert Michael Tietz die Erlebnisse einzelner Menschen nach der Katastrophe. Doch leider liegt gerade darin die Schwäche des Buches. Es scheint fast, als wolle Tietz uns am Schicksal jedes Einzelnen auf der ganzen Welt teilhaben lassen. Immer wieder unterbricht er den Erzählfluss für teilweise seitenlange Einschübe an deren Ende die neu eingeführten Personen doch direkt wieder sterben. Die Geschichte um Eva, ihren Mann und das Dorf Wellendingen geht dabei fast unter. Als besonders störend empfand ich die Geschichte um Evas Ex-Mann. Hier hätte sich Tietz lieber auf den Überlebenskampf in Wellendingen konzentrieren sollen.

Tietz Charaktere, obwohl sehr detailliert ausgearbeitet, gleiten manchmal fast ins Klischeehafte ab. Die "Bösen", die zum reinen Vergnügen ein Blutbad anrichten, sind zahlreich vertreten. Dem gegenüber steht die Krankenschwester Eva, die fast zu gut scheint, um wahr zu sein.

Mehr Konzentration auf die Hauptfiguren und die Entwicklung in Wellendingen und vor allem ein paar hundert Seiten weniger hätten dem Buch sicherlich nicht geschadet. So kann Tietz Erstlingswerk, obwohl teilweise durchaus fesselnd, nicht wirklich überzeugen.