Beklemmende Geschichte aus der Sicht eines Fünfjährigen

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wortwelten Avatar

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Raum ist ein ungewöhnlicher Roman. Einer, der aufwühlt, irritiert, beängstigt, berührt. Keiner, den man mal eben nebenbei in der Bahn liest oder gemütlich am Strand. Und es ist ein Roman, über den man nicht allzu viel wissen sollte.

Doch beginnen wir von vorn. Der Anfang, das ist das hier:

"Heute bin ich fünf. Als ich gestern Abend in Schrank eingeschlafen bin, war ich noch vier. Aber dann wache ich im Dunkel in Bett auf und bin plötzlich fünf, Abrakadabra. Davor war ich drei, dann zwei, dann eins und dann null."

Huch, denkt man da. Was soll das denn sein? Nun, das ist ein fünfjähriger Protagonist und Erzähler, und ja, dieser Erzähler wechselt nicht, der gesamte Text ist in diesem Stil geschrieben. Am Anfang erfordert die Sprache Geduld und Durchhaltevermögen, bis man sich an sie gewöhnt hat. Doch wenn man genau liest, wenn man genau aufpasst, merkt man, dass an der Welt dieses Fünfjährigen namens Jack etwas nicht stimmt. Dass sie winzig ist und Raum heißt und dass alles andere nicht echt und Fernseher ist. Dass außer ihm und seiner Ma und einer kümmerlichen Pflanze niemand diese Welt belebt, mit Ausnahme von Old Nick, der abends vorbeikommt, den Jack aber nicht zu Gesicht bekommen soll (oder umgekehrt). Und langsam versteht man, was wirklich passiert. Gerade diese Leistung ist es, die Verbindung zwischen der absolut authentischen Perspektive des kleinen Jungen und die Wahrheiten jenseits seiner Wahrnehmung, die den Roman besonders auszeichnet. Er wirkt fundiert, gut recherchiert, überzeugend aufgebaut und erzählt trotz oder gerade aufgrund des gewöhnungsbedürftigen Stils eine einzigartige, aber leider auch authentische Geschichte mit einer mitunter gruseligen Atmosphäre.

Ein Roman, obwohl am Anfang gewöhnungsbedürftig, den man nicht alle Tage liest und den man nicht so schnell wieder vergisst.