Ein neuer Einblick

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
enim-reh Avatar

Von

Als ich die ersten 20 Seiten von "RAUM" durchlas, erwischte ich mich oft bei dem Gedanken das Buch einfach wegzulegen. Die Sprache des 5-jährigen Jacks, aus dessen Sichtweise das Buch geschrieben wurde, nervte mich. Ich fand das Buch öde und nervig.

Doch dann änderte es sich nach und nach. Ich wurde immer mehr in das Buch hinein gezogen und las mehr als die Hälfte des Buches an einem Stück, was ich bisher noch nie wirklich getan hatte. Doch ich war beeindruckt von Jack und seiner Ma. Die Sicht eines so kleinen Jungens, der nur diesen kleinen Raum gewöhnt war. Der nicht verstand, wie viel es doch dort draußen gab. Das Draußen ist für Jack unfassbar. Er kann nicht glauben, dass es nicht nur ihn, seine Ma, OldNick und den Fernseher gibt. Es war traurig in meinen Augen, dass Zeichentrick-Figuren wie Dora oder Diego seine Freunde waren. Genauso wie die Maus oder der Jeep. Es war erschreckend und bedrückend zugleich, da ich selbst mit meiner fünfjährigen Nichte einen Vergleich ziehen konnte.

Wenn ich bedenke dass es immer wieder zu solchen Taten kommt, bei den junge Frauen gekidnappt, über Jahre gefangen gehalten und misshandelt werden, wird mir schlecht. Jacks Mutter war 19, so alt, wie ich es gerade bin. Das kann und will man sich gar nicht vorstellen, was diese junge Frau in den sieben Jahren alles durchmachen musste. Und vielen anderen geht es auch vielleicht genau in diesem Moment so. Und nicht jede von ihnen hat so ein Glück wie Jack's Ma. Dieser Roman zeigt genau dieses Problem und schenkt einem eine neue Perspektive. Man wird durch die Sicht des kleinen Jungens mitten ins Geschehen gezogen und fühlt sich manchmal mitten in diesem Raum. Man spürt die Angst, die Trauer des Jungens. Aber natürlich auch die Freude, Liebe zu seiner Mutter und den Willen die Welt zu entdecken. 

Wie das Weltbild des Kleinen sich ändert zieht sich durch den ganzen Roman hindurch. Wie er immer mehr begreift, dass dort mehr ist als der Raum. Er muss erst mal begreifen, dass es viele Dinge, die er sonst nur aus dem Fernseher kennt auch in der Realität gibt. Diese Eindrücke schildert der Kleiner sehr amüsant, was das Buch ein bisschen auflockert.

Alles in Allem hat mir der Roman sehr gefallen. Ich musste ihn an einem Stück durchlesen und es gibt nur ein paar Kleinigkeiten, die mich gestört haben:

Zum einem die lange Einleitung, die aber letzen Endes für das Buch sehr wichtig ist um die Beziehung zwischen Mutter und Sohn zu begreifen; die Sprache des fünfjährigen, der zwar die Grammatik nicht beherrscht, aber wer weiß welche Wörter und Floskeln kennt. Das war mir sehr unauthentisch. Aber es war auf jeden Fall beeindruckend, wie Jack sich trotz der Umstände entwickelt hat und im Alter von 5 Jahren schon Lesen und Schreiben kann. Ob das nun so nötig ist, spielt in der Diskussion zum Buch keine Rolle.

Das Buch ist mit Sicherheit nicht für jeden geeignet. Man muss meiner Meinung nach Kinder schon mögen und man muss auch mit dem Thema klar kommen. Außerdem sollte man starke Nerven behalten und sich genügend Zeit nehmen, da der Roman gewiss nicht unter die Bezeichnung "leichte Lektüre" gehört. Aber nur um es nochmal zu erwähnen, die Sprache des 5jährigen ist nicht so schlimm, dass man Probleme hätte das Buch oder gewisse Sätze zu verstehen. Der Lesefluss wird keinesfalls gestört, soald man sich daran gewöhnt hat.