Eine Abnabelung

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owenmeany Avatar

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Das Material der Literatur ist Sprache. Diese Selbstverständlichkeit war mir beim Hören dieses von Matthias Brandt ganz vorzüglich eingelesenen Hörbuchs nach dem Roman "Raum von Emma Donoghue Wort für Wort gegenwärtig. Die Hermetik des Eingesperrtseins bildet sich eins zu eins in der konsequent geführten Kindersprache ab. Erschütternd sind ganz besonders die Selbstverständlichkeiten des täglichen Lebens, die Personifikation der Gegenstände, die Logik der mütterlichen Erklärungsversuche und das tapfere Meistern der perversen Situation. Dafür entwickelt die junge Frau eine Menge Fantasie, genauso wie für ihren Plan, der nach etwa zwei Dritteln des Buchs zur Befreiung führt.

Ein "Happy End" also? Normale Krimis hören an diesem Punkt auf: "... und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute..." Hier geht es aber eigentlich erst richtig los, denn das Spannende ist ja, was solch eine Gefangenschaft in der Seele bewirkt: nämlich gerade nicht das Gleiche bei Mutter und Sohn, deren Symbiose nun schmerzhaft in die Brüche geht. Das Ihre tun schließlich noch die sensationsgeilen Medien dazu. Wie die Autorin dieses beharrlich und glaubwürdig im inneren Monolog des Kindes spiegelt und den Leser / Hörer mitempfinden lässt, zeugt von einer bemerkenswerten Sensibilität, mit Hilfe derer sie sich mit diesen leider auch real existierenden Gegebenheiten auseinandersetzt.