Starker Anfang mit schwächerem Ende

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hannahreads Avatar

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Zunächst die harten Fakten zu Real Easy von Marie Rutkoski: Thriller mit 90er Jahre Setting, zwei Tänzerinnen aus einem Stripclub werden von der Straße gedrängt und eine von ihnen entführt, die lokale Polizei beginnt zu ermitteln und versucht die vermisste Frau zu finden, und all das wird aus vielen unterschiedlichen Erzählblickpunkten erzählt.

Das Setting ist interessant, gut geschrieben und sowohl der Stripclub als auch die 90er Jahre als zeitlicher Rahmen geben Real Easy einen eigenen Charakter. Man merkt, dass Rutkoski jeder der Tänzerinnen des Clubs einen eigenen Charakter und Identität gegeben hat und sie nicht nur als Abziehbilder einer oft verpönten Industrie betrachtet. Rutkoski selbst hat wohl in einem Club als Tänzerin gearbeitet und man merkt mit wie viel Expertise und oft mangelnder Menschlichkeit sie die Tänzerinnen schreibt.

Leider funktionierten für mich nur die ersten hundert Seiten des Romans und waren wirklich spannend. Die Energie, die Rutkoski in den ersten Seiten aufbaut, verliert sich leider und kann die Geschichte nicht bis zum Ende tragen. Meiner Meinung nach liegt das an den unzähligen und sich ständig wechselnden Erzählperspektiven gepaart mit sehr kurzen Kapiteln. Ich habe nicht nachgezählt, aber ich schätze es sind mehr als zehn unterschiedliche Erzähler. Bei diesem großen Cast war es für mich nicht wirklich eine Bindung zu einem der Erzähler aufzubauen oder mich wirklich auf die persönlichen Geschichten und Schicksale einzulassen.
Ein guter Thriller lebt von mehr als nur einen spannenden Kriminalfall. Er braucht auch faszinierende, mysteriöse und spannende Figuren, die sich den Rätseln annehmen.