Ungenutztes Potential

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ninoreads Avatar

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Das Cover finde ich sehr ansprechend. Der direkte Kontrast der Grüntöne mit der pinken Schrift hat für mich einen hohen ästhetischen Wert. Leider ist das auch fast das einzig Positive , was ich zu diesem Buch sagen kann.

In ein paar Kapiteln, geschrieben aus unterschiedlichen Perspektiven, lernen wir die Ermittlerin und die Stripperinnen kennen. Am Anfang mochte ich das Setting in dem verruchten Lovely Lady und auch den Problemen, sich in der Szene zu behaupten. Ich mochte, dass jeder Charakter sein eigenes Päckchen zu trägt. Das ist jedoch schnell redundant geworden und zu oberflächlich geblieben. Immer wieder habe ich mir Fragen gestellt, die mir nicht oder unzureichend beantwortet wurden.

Detektivin Holly Meylin hatte einen ganz miserablen Eindruck auf mich. In jeder Szene wurde sie von ihrer Vergangenheit eingeholt, was mich letztlich nur genervt hat. "Okay, dir ist was Schlimmes passiert -hab's kapiert!" und immer wieder wird ein neuer Häppchen gereicht, damit die*der Leser*in sich etwas vorstellen kann. Dadurch zogen sich die Passagen aber und Holly bekam keine Substanz für mich. Sie war nur am Rauchen und in Selbstmitleid baden.

Insgesamt ergibt sich ein spannender Einstieg in das Buch, bevor es rapide in 12498130 Richtungen strömt. Beim Lesen entstand bei mir das Gefühl, dass die Autorin nicht wusste, wo sie am Ende mit der Geschichte hinwill. Alles wurde in den letzten Seiten so krampfhaft aufgelöst und auch die vorherigen Szenen, die von der*dem eigentlichen Täter*in ablenken sollten, haben das nicht geschafft. Der*die Zuständige war mir sofort bewusst. Dann die ganzen Themen der häuslichen Gewalt, Homophobie, Prostitution und Intergeschlechtlichkeit, die nur angeschnitten, aber zu wenig Raum bekommen haben. Ich weißt nicht, ob die Autorin einfach ihre eigene Geschichte mit einfließen lassen wollte, dass zwei Stripperinnen auf einmal etwas miteinander anfangen, aber das passte für mich einfach null. Es wurden zu viele schmerzbehaftete Fässer geöffnet, einfach mit dem Ziel, sie zu öffnen. Für mich entstand hier nie das Gefühl einer umfangreichen Recherche.

Ich habe echt etwas anderes erwartet. Außerdem finde ich es auch unnötig bzw. es erklärt sich mir nicht, warum diese Story unbedingt 1999 spielen muss. Sie hätte auch heutzutage spielen können. Nur, dass sich die Autorin hätte sparen können, ein altes Handy mit Antenne zu beschreiben. Ich hätte mir auch gewünscht, das diese Info 1999 auch vor dem ersten Kapitel oder als Überschrift genannt wird. So habe ich mich nur irgendwann über die altmodischen Dinge gewundert, bis ich den Klappentext nochmals gelesen habe.

Alles in Allem ein Buch mit sehr viel unausgeschöpftem Potenzial, sehr wichtigen (aber nur angeschnittenen) Themen, aber zumindest einem Schreibstil, der sich wirklich sehr schnell lesen lässt.