Der Weg ist das Ziel

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buecherundschokolade Avatar

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Ist Arno Geigers neuer Roman Reise nach Laredo jetzt ein Roadmovie in Buchform über das Sterben oder über das Leben? Diese Frage kann ich anders als die Frage nach dem genauen Inhalt dieses Romans am Ende (so denke ich zumindest) beantworten.

A long story short: Der siechende und für das 16. Jahrhundert schon furchtbar alte (58 Jahre) Karl bricht noch einmal aus seinem letzten Refugium - einem Kloster - aus, um mit dem Knappen Geronimo (11 Jahre) heimlich nach Laredo zu reisen. Warum? Bis zum Schluss unklar, mutmaßlich aber einfach um der Tristesse des Klosters Yuste zu entkommen oder dem Tod noch mal ein Schnippchen zu schlagen?

Doch Karl ist nicht irgendwer, sondern der Habsburger Karl V., so ziemlich der bedeutendste Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien. Nunmehr hat er abgedankt, sein Sohn ist König und für ihn ist Baden schon ein Riesenkraftakt. Und Geronimo? Der ist sein unehelicher Sohn, der davon allerdings noch nichts ahnt. Der Weg nach Laredo ist jedenfalls das Ziel und als das Vater-Sohn-Gespann einem Geschwisterpaar, das zur Minderheit der Cagots (Googeln!) gehört, das Leben rettet und dann mit diesen in einem ziemlich düsteren Dorf strandet, wird es nochmal spannend…

Das Ganze ist natürlich historische Fiktion, die Hintergründe werden allerdings nirgendwo eingeordnet, da braucht es ein bisschen eigene Recherche (wenn man will). Aber irgendwie braucht es den ganzen königlichen Hintergrund auch gar nicht, um dieses Buch zu mögen. Ich jedenfalls mochte es gern, weil es auf merkwürdige Weise zusammenfasst, was das Leben ausmacht und gleichzeitig sehr vor sich hin plätschert (auf die gute Art). Ein irgendwie lebensbejahendes Buch, in dem zufällig ein Kaiser Protagonist ist (was aber in 90 % der Handlung keine Rolle spielt).

Kleiner Spoiler: Nach Laredo kommen sie nicht mehr, aber wer will da schon hin, wenn der Weg irgendwie doch immer schon das Ziel ist?