Eine kleine Enttäuschung...

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Zunächst wartet das Buch mit einer Überraschung auf. Aus dem Klappentext geht zwar hervor, dass ein gewisser Karl alle seine ‚Ämter‘ aufgibt und ins Kloster geht – dass es sich hierbei allerdings um die historische Figur Kaiser Karls des V handelt, ist direkt zu Beginn des Buches ein „Wachmacher“.

Karl wartet auf seinen Tod. Zufällig lernt er einen seiner Söhne kennen, der als Bastard geboren wurde und nicht weiß, dass er ein Abkömmling des abgedankten Kaisers ist. Karl verabredet sich mit den 11-jährigen Geronimo, das Kloster nachts zu verlassen. Diese Szene spielt sich ziemlich zu Beginn des Buches ab.

Achtung Spoiler!
Tatsächlich treffen sich beide des Nachts und verlassen das Kloster auf zwei Reittieren. Ich habe direkt geahnt, dass alles, was folgt, sich nur im Traum oder Delirium Karls abspielt, aber sicherlich nicht Realität ist. Karls Gesundheitszustand lässt die beschwerliche Reise einfach nicht zu. Dies dürfte den meisten Lesenden sehr schnell klar sein. Obwohl die Idee an sich sehr interessant ist, fand ich die Offensichtlichkeit schade, da das Ende damit mehr oder weniger absehbar ist.

Weniger sensible oder aufmerksame Leser wissen allerdings spätestens mit dem Auftritt des Greifen, dass die Reise nicht real sein kann, da der Greif ein Fabelwesen ist. Ich verstehe nicht, was Geiger sich gedacht hat. Wäre es nicht ggf. besser gewesen, den Lesenden bis zum Ende des Buches völlig im Unklaren zu lassen?

Die Erlebnisse auf der Reise nach Laredo sind aus meiner Sicht zum Teil unrealistisch. Auch fügen sich bestimmte Inhalte einfach nicht harmonisch in den Gesamttext ein. Der Tod Honzas beispielsweise ist überflüssig und für das Vorankommen der Geschichte bzw. der Reise nicht wichtig. Auch die vorübergehende Trunksucht und Spielleidenschaft Karls passte für mich einfach nicht.

Zugegeben; die Idee, mit Karl dem V eine historische Figur auftreten zu lassen und den Lesenden teilhaben zu lassen an möglichen Gedanken Karls kurz vor seinem Tod ist durchaus verlockend. In dieser Form allerdings nicht gut umgesetzt.

Anders als der Klappentext verspricht, handelt es sich m.E. nicht um einen magischen Roman. Und Bücher darüber, worauf es im Leben ankommt gibt es viele bessere.

Festzuhalten bleibt dennoch, dass Geiger eine sehr gute Idee hatte und den Text wie gewohnt in einer schönen Sprache geschrieben hat. Geiger beherrscht das Handwerk des Schreibens. Leider ist das Buch nicht so stark wie andere von ihm und für mich eine kleine Enttäuschung.