Seltsames Buch

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Bisher habe ich fast jedes Buch von Arno Geiger mit Begeisterung gelesen. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen, als ich anfing zu lesen. Doch diesem neuen Werk kann ich nichts abgewinnen.
Dem Buch liegen historische Ereignisse zugrunde. Es geht um Kaiser Karl V.
Der Kaiser hat abgedankt und verbringt seine letzte Lebenszeit in Yuste, in unmittelbarer Nähe des dortigen Klosters hat er sich ein Haus bauen lassen. Er liegt im Sterben.
In seinen Fieberträumen, auch durch Laudanum hervorgerufen, unternimmt er eine Reise mit seinem Sohn Geronimo, der jedoch nicht weiß, dass er Karls Sohn ist. Diese Reise soll an die Küste nach Laredo gehen. Unterwegs erlebt er einige Abenteuer und lernt das Leben, die Sorgen und Nöte und Beschränkungen des einfachen Volkes und der Unterprivilegierten kennen.
Als Leser erkennt man erst nach einer Weile, dass sich die Reise im Kopf von Karl abspielt, obwohl es recht schnell Hinweise darauf gibt. Spätestens dann, wenn es um die Existenz des Greifs geht, hat man keine Zweifel mehr daran. Dennoch erschließt sich nicht, warum der Autor Karl diese Reise unternehmen lässt. Die Ereignisse sind beschwerlich, Erkenntnisse, die Karl gewinnt, bleiben überschaubar, die Umgebung und die Menschen wirken bedrückend.
Zweifellos ist Arno Geiger ein herausragender Erzähler, doch ich war von dieser Geschichte nicht gefesselt, sondern eher abgestoßen. Sicher trägt dazu bei, dass durch die streng durchgehaltene personale Erzählweise Karl in einem Zustand permanenter Reflexion gezeigt wird, der keinen Zugang zu seinen Emotionen hat.
Abgesetzt davon sind das erste und das letzte Kapitel, beide im Präsens, im Gegensatz zu dem Rest, der im Präteritum erzählt wird. Sie bilden den Rahmen, in dem die tatsächlichen Ereignisse geschildert werden.
An vielen Stellen fließen Informationen ein, die zeigen, dass der Autor gründlich recherchiert hat und seinen Protagonisten mit seinen Lebensumständen und seiner Zeit gut kennt. Dennoch konnte ich keinen Zugang zu den Personen bekommen.
Alles in allem ein enttäuschendes Leseerlebnis.