Auf den Spuren der Vergangenheit

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katrinb Avatar

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Victoria Belim beschreibt in ihrem Buch „Rote Sirenen“ die Suche nach ihrem Urgroßonkel Nikodim, der in den 1930er Jahren spurlos verschwand. Dafür kehrt sie in ihre Heimat, die Ukraine, zurück, wo sie bei ihrer Großmutter unterkommt. Diese reagiert zunehmend aggressiv auf Victorias hartnäckige Fragen nach dem Onkel und will über das Thema nicht sprechen. So recherchiert Victoria auf eigene Faust, wobei sich die Suche nach dem Onkel immer mehr zu einer Suche nach den eigenen Wurzeln und der Geschichte ihres Heimatlands entwickelt.
Das Buch ist kein Roman, sondern eher ein autobiographischer, sehr persönlich wirkender Bericht. Ausgehend von der Suche nach dem Urgroßonkel erfährt der / die Leser*in sehr viel über die Geschichte der Ukraine, die Kultur und Traditionen des Landes. Während die Autorin von ihren Reisen nach Kiew, Bereh und anderen Orten und Begegnungen mit verschiedenen Menschen erzählt, gerät der verschwundene Onkel manchmal fast ein wenig in den Hintergrund, was aber nicht wirklich stört, denn die Autorin weiß sehr interessant zu erzählen. Vor allem die Stellen, in denen es um die Kultur des Landes, beispielsweise die Textilkunst, geht, habe ich mit großem Interesse gelesen. Auch das komplizierte Verhältnis zur Sowjetunion kommt zur Sprache, was eine gute Grundlage darstellt zum Verständnis der Hintergründe des aktuellen Kriegs. Dabei gibt es in dem Buch auch durchaus pro-russische Stimmen, sodass sich der / die Leser*in ein gutes Bild über die Einstellungen dieser Menschen machen kann.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm und das ganze Buch liest sich sehr flüssig. Kaum zu glauben, dass es sich dabei um das Erstlingswerk der Autorin handelt – so treffend und bildhaft sind ihre Schilderungen von Städten, Begegnungen und Erlebnissen.
Fazit: Im Rahmen einer Familiengeschichte gelingt der Autorin ein berührender, sehr persönlich gehaltener Bericht über die Ukraine und ihre Menschen. Eine klare Leseempfehlung!