Bewegende Reise in die Vergangenheit der Ukraine und zu sich selbst

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Die Autorin Victoria Belim ist gebürtige Ukrainerin. Die Familie väterlicherseits kommt aus dem heutigen Russland. Die Familie mütterlicherseits aus der Ukraine. Als junge Teenagerin hat Victoria den Untergang der Sowjetunion hautnah miterlebt und ist später mit der Mutter in die USA ausgewandert. Im Jahr 2014 lebt die Autorin mit ihrem Ehemann bereits wieder in Europa - in Brüssel. Der politische Konflikt in eben jenem Jahr zwischen Russland und der Ukraine führt dazu, dass es zu einem Streit mit Victorias geliebten Onkel Wladimir (Bruder des Vaters) kommt, woraufhin der Kontakt abbricht. Dies nimmt die Autorin zum Anlass ihre Heimat zu besuchen und auf Identitätssuche zu gehen. Insbesondere liegt ihr am Herzen, das spurlose Verschwinden eines Großonkels in den 1930er Jahren aufzuklären.

In dem autobiografischen Roman begleiten wir Victoria Belim auf ihrer Spurensuche durch die Ukraine und in die Vergangenheit. Wir lernen die Menschen der Ukraine kennen, ihre Ängste und ihr Glück, ihre Gastfreundschaft, ihre Kunst, die Liebe zur Natur, die große Stärke ukrainischer Frauen, den Stellenwert von Familie, nie versiegende Hoffnung... Nicht zuletzt erfahren wir eine Menge aus der ukrainischen/sowjetischen Historie, bspw. wie seit jeher die Menschen durch ein totalitäres Regime mit Lügen und Verzerrung von Wahrheit gefügig gemacht worden sind. Aber auch der Kapitalismus, der nach dem Untergang der Sowjetunion Einzug hält, hat die Menschen vielfach überfordert und Spuren hinterlassen.

Wir sind als Leser*innen dabei, wenn die Autorin ihr Heimatland mit anderen Augen neu entdeckt, und diese Veränderung in ihr zu spüren, bewegt sehr. Auch ist es sehr spannend (und teils schockierend) sie bei der Suche nach ihrem verschollenen Großonkel zu begleiten. Victoria schafft es in vielerlei Hinsicht, Antworten zu finden, und schließlich auch den Tod ihres Vaters vor einigen Jahren zu verarbeiten.

Fazit: dieser autobiografische Roman erweitert den Horizont über ein Land, das aktuell ein tragisches Schicksal ereilt. Mit sehr viel Ruhe, Liebe und Respekt zeigt uns die Autorin ein Bild der Ukraine und seiner Bevölkerung, das zuweilen erschüttert und gleichermaßen sehr berührt. Ich habe den Roman sehr gern gelesen und empfehle ihn von Herzen.