Die Ukraine verstehen

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Rote Sirenen - Geschichte meiner ukrainischen Familie hat mich sehr beeindruckt. Victoria Belim erzählt darin die Geschichte ihrer Familie über ein ganzes Jahrhundert hinweg. Diese Geschichte ist zugleich die Geschichte ihres Heimatlandes, der Ukraine.

Victoria Belim wurde in der Ukraine geboren und verbrachte dort die ersten Jahre ihres Lebens, bevor sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit ihrer Mutter in die USA zog. Im Sommer besuchte sie meistens ihre Großmutter Valentina im Süden des Landes. 2014 kehrt sie für einige Zeit dorthin zurück. Dem war ein Streit mit ihrem in Israel lebenden Onkel über Putin vorausgegangen, woraufhin der Kontakt abbrach. Viktoria möchte nun einerseits wieder in Kontakt mit ihm treten, andererseits etwas über das Schicksal des Bruders ihres Urgroßvaters herausfinden, dem vom KGB in das sogenannte Hahnenhaus gebracht und nie wieder gesehen wurde.

Seit fast einem Jahr ist die Ukraine in aller Munde und es wurde viel über sie berichtet. Egal wie viele Berichte ich über sie gelesen habe, noch nie habe ich soviel über dieses Land gelernt, wie durch dieses Buch. Es hat nämlich das, was vielen (Sach-)Büchern fehlt: die Perspektiven und Geschichten der Bewohner. Nur durch sie lässt sich ein Land aber erst verstehen und begreifen. Besonders interessant fand ich folgendes Zitat: „Seitdem hatte ich genug Zeit in der Ukraine verbracht, um zu wissen, dass selbst meine Großmutter, die sich als Patriotin verstand, bestimmte Aspekte der Sowjetunion vermisste. Ich hatte Menschen getroffen, die nach 1989 jegliche Stabilität und Sicherheit verloren hatten und für die der Kapitalismus eine grausame Farce war.“ Dieser Aspekt wird aus westlicher Perspektive häufig vergessen.

Rote Sirenen enthält noch soviel mehr, als dass ich es in so wenigen Worten zusammenfassen könnte. Es ist ein sehr lohnenswertes Buch, dass ich innerhalb weniger Tage durchgelesen habe und das ich sehr breit empfehlen kann, vor allem aber keinesfalls nur vor dem aktuellen Hintergrund.