Diese autobiographische Geschichte ist wichtig, horizonterweiternd und faszinierend zugleich.

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Victoria verlässt als Teenager ihre Heimat Ukraine und kehrt 2014 zurück, als Russland die Krim annektiert. Sie will verstehen, woher sie kommt, warum ihr Urgroßonkel Nikodim in den 30er Jahren spurlos verschwunden ist und warum ihr Onkel Wladimir der Sowjetunion nachtrauert? All diese Fragen beschäftigen sie sehr und lassen ihre keine Ruhe. Sie sucht nach Antworten. Ihre Großmutter Valentina verhält sich anfangs sehr zurückhaltend und abwehrend und möchte auf keinen Fall über die Vergangenheit sprechen, zu Wladimir bricht der Kontakt komplett ab. Wladimir ist der festen Überzeugung, dass Victoria eine ordentliche Gehirnwäsche in Amerika abbekommen hat. Somit bleibt ihr vorerst nur die Suche auf eigene Faust.

Ich bewundere Victoria für ihren Mut, ich freue mich, dass sie uns mitnimmt und teilhaben lässt an ihren Eindrücken, sie weckt die Neugier in mir. Die politischen Einschübe und das Nachdenken darüber über früher und heute machen die Geschichte ihrer ukrainischen Familie noch einmal um einiges interessanter. Sie holen mich aus meiner Komfortzone, lassen mich darüber nachdenken, was ich bereits weiß und worüber ich mich noch mehr informieren sollte. Die Geschichte der Ukraine selbst erscheint mir immer noch sehr komplex. Neben der Dekommunisierung, die 2015 vom ehemaligen Präsidenten Poroschenko mit initiiert wurde, geht es vor allem auch um den KGB, um den Holodomor und um das ukrainische Leben selbst. Victoria verbringt viel Zeit mit ihrer Großmutter Valentina in deren Obstgarten. Es dauert bis Valentina dann doch auftaut, die Vergangenheit in ihr Herz lässt und sie zusammen nach Charkiw aufbrechen. Auch wenn mich das Buch vor allem in der Mitte ganz schön gefordert hat hinsichtlich der Vielzahl an Personen kann ich „Rote Sirenen“ nur empfehlen. Ein mitreißender und berührender Roman!

„,Des Menschen Herz ist ein merkwürdiges Organ’, sagte Asja über das Überleben während jener Zeit. ,Es wächst am Schmerz, und es hofft entgegen aller Hoffnungslosigkeit.‘“