Äußerst unterhaltsam

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throughmistymarches Avatar

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Mein bisheriges Jahreshighlight! „Rückwärtswalzer“ von Vea Kaiser begleitet Lorenz, einen Drittle-Life-Crisis geplagten arbeitslosen Schauspieler mit Hang zur Melodramatik und seine drei Tanten auf ihrer Reise von Wien bis nach Montenegro, wo sie den toten Onkel Willi bestatten möchten. Ein Bestattungsunternehmen können sie sich nicht leisten, also wurde der Willi kurzerhand tiefgefroren und anschließend auf den Beifahrersitz gepackt. Jedes zweite Kapitel erzählt in Flashbacks die Gesichte der Familie von 1953 bis in die Gegenwart. Man begegnet all den skurrilen Familienmitglieder der Prischingers durch die Jahre. Freude, Hoffnung, Verlust begleiten die Figuren ebenso wie Berge an Kalorien, die in äußerst regelmäßigen Abständen – meist von den Tanten – zubereitet werden. Egal was passiert, gegessen wird immer. Vea Kaiser ist Altphilologin und spickt ihren Roman geschickt mit alten Mythen, Todes- und Bestattungsritualen; denn ist es nicht auch der Umgang mit dem Tod eines geliebten Menschen, der viel aussagt über das Leben der Trauernden? Das mag jetzt nach schwerer Kost klingen, ist es aber überhaupt nicht. „Rückwärtswalzer“ ist angenehm zu lesen, unterfordert aber nie; der Roman berührt und unterhält, denn Kaiser präsentiert ihre Geschichte mit einer ordentlichen Portion trockenem Humor, ich musste häufig schmunzeln und dann und wann sogar laut lachen (was sehr selten vorkommt, wenn ich lese).