Nach Süden

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
wal.li Avatar

Von

Man müsste Lorenz als Loser bezeichnen. Sein Vater hat ihn dermaßen verwöhnt, dass er so fest daran glaubt, er ist toll, dass er nicht merkt, wie andere über ihn denken. Ein wenig aufgerüttelt wird er als seine Freundin ihn verlässt. Immer noch meint Lorenz allerdings, er müsse nichts ändern. Lieber fragt er seine angeheirateten Onkel nach Geld. Glücklicherweise halten diese das Geld, welches sie haben oder nicht, zusammen. Lorenz vermietet seine Wohnung und zieht zu seinen Tanten. Ihre Welt ist skurril und doch auch heimelig. Doch dann wacht Onkel Willi eines morgens einfach nicht mehr auf. Und sein Wunsch war es, in seiner Heimat Montenegro beerdigt zu werden.

Da Tante Hedi immer gedacht hat, ihr Wille werde sie überleben, wo er doch jünger war, hat sie das Beerdigungsgeld ihrer gemeinsamen Tochter gegeben. Wie sollen sie nun ihr heiligstes Versprechen einhalten. Im kleinen Panda machen sie sich zu fünft auf den Weg, Lorenz am Steuer, Onkel Willi auf dem Beifahrersitz und Tante Hedi, Tante Mirl und Tante Wetti hinten. Ein letzter Wunsch, der einfach erfüllt werden muss. Wie eine bewegte Totenwache könnte diese Fahrt über Autobahnen, Straßen und Wege gesehen werden. Da kommen Erinnerungen auf, an die Kindheit der Prischingers, die einmal fünf waren und dann nur noch vier. Wie die Schwestern zu Tanten wurden und schließlich alle in Wien gelandet sind. Wie sie nur ohne Willi klarkommen sollen. Willi, der immer beweglich war und für jeden ein gutes Wort hatte. Und wie sie ihr Versprechen halten, ahnend, dass er noch nicht ganz fort ist, dass er nur am Ziel wirklich seine Ruhe findet.

Vielleicht hat man Ähnliches, naja, anders schon, aber doch ähnlich, selbst einmal mitgemacht. Ein Versprechen über den Tod hinaus gehalten. Und so kann man verstehen, wie wichtig es ist, dass Willi an seinen Sehnsuchtsort kommt, wo auch er ein Versprechen einzuhalten hat. Doch nicht nur dann wird man sie mögen, die chaotische und doch lebensechte Familie Prischinger. Mit ihren Toten lernt man auch sie kennen und ihre Geschichte. Leicht hatten sie es nicht, doch sie hatten sich. Und sie halten zusammen, für Willi und auch für Lorenz, der auf diesem außergewöhnlichen Roadtrip eine ganze Menge über sein Leben und das Leben überhaupt lernt.
Die Prischingers wird man gerne in Erinnerung behalten und auch ihre Toten und auch die eigenen Toten. Und wenn man die Autorin während einer Lesung kennenlernen durfte, wird ihre Stimme durch die Lektüre hallen, die dem Roman eine besondere Lebendigkeit verleiht.

4,5 Sterne