Interessante Idee, aber stilistisch sehr eintönig und langatmig

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mrs-lucky Avatar

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Diese vielversprechende und zunächst interessante Geschichte entpuppte sich für mich im Verlauf mehr und mehr als Enttäuschung.
Hauptfigur ist des Buchs ist Frederick Hagel, der als Lehrer in Almhurst, Massachusetts arbeitet, mit der Bankerin Linda verheiratet ist, in erster Linie aber als Einzelgänger lebt. Als er entdeckt, dass Linda gemeinsam mit einem Kollegen in dubiose Bankgeschäfte verwickelt ist, versucht er sie davon abzubringen, scheitert aber dabei. Wenig später wird Linda ermordet, Indizien belasten Frederick schwer, und durch ein zweifelhaftes Gutachten landet er in der geschlossenen forensischen Psychiatrie, wo er, ruhig gestellt durch unzählige Medikamente mehr oder weniger vor sich hin vegetiert. Nach 18 Jahren reißt ihn eine Entdeckung während der Übertragung eines Baseballspiels aus seiner Lethargie, Frederick gelingt mit einer List die Flucht und er versucht durch die Suche nach der Wahrheit sein Leben zurück zu gewinnen.
Schon zu Beginn der Geschichte hat mich der sehr einfach gehaltene Erzählstil mit vielen kurzen Hauptsätzen irritiert, der Fall war jedoch so unglaublich und erschütternd, dass ich darüber hinweg gesehen habe und mehr über Fredericks Schicksal und dessen Hintergründe erfahren wollte. Für die Zeit des Aufenthalts in der Psychiatrie passte der reduzierte Stil zu Fredericks benebeltem Gemütszustand, während seines Roadtrips durch die USA habe ich diese Aneinanderreihungen von schlichten Hauptsätzen zunehmend als ermüdend und langatmig empfunden. Ein Beispiel für den Stil vom Ende des 2.Kpitels: „Er stand auf und zupfte an seinem Hemd. Er versuchte, seine Frau in der Menschenmenge zu finden. Keine Spur von ihr. Dann sah er Irwin. Der Zahnarzt zwängte sich gerade an zwei älteren Herrschaften vorbei und versuchte, sein überfülltes Sektglas in Sicherheit zu bringen. Dann verschwand er wieder zwischen den dunklen Sakkos und den Cocktailkleidern. Frederick lief in den Flur. “
Das Buch wirkt auf mich in weiten Teilen wie eine Ansammlung von Notizen zu einem Buch oder wie das Skript für die Kommentare zu Untertiteln für Sehbehinderte bei einem Fernsehfilm. Für meinen Geschmack wird die Geschichte zu sehr aus der Distanz erzählt aus der Sicht eines entfernten Beobachters. Es gibt kaum Dialoge, die Beschreibungen sind so reduziert, dass keine Atmosphäre entsteht. Die Figuren erscheinen sehr eindimensional und wenig lebendig, selbst Frederick Hagel als Hauptfigur wirkt in sich nicht stimmig, seine Entwicklung ebensowenig nachvollziehbar wie die Auflösung der Geschichte und die Motivation seiner Widersacher. Einerseits wird es so dargestellt, als wäre Frederick gesundheitlich und psychisch durch die massive Medikamentengabe geschädigt, dann ist er auf der Flucht sofort geistig fit und kann sich problemlos in der insbesondere technologisch weiter entwickelten Welt zurecht finden. Ingesamt gab es für mich zu viele Punkte, die nicht nachvollziehbar und nicht schlüssig wirkten.
Wer an der Geschichte interessiert ist, sollte sich auf jeden Fall eine Leseprobe ansehen, ich habe das Buch nur deshalb nicht abgebrochen, weil ich ein Rezensionsexemplar zur Verfügung bekommen habe und mir ein abschließendes Urteil bilden wollte.